Heute in der U-Bahn

Ich bin gerne mit den öffentlichen Verkehrsmitteln der Hauptstadt unterwegs, die unterschiedlichen Menschen, zu den unterschiedlichsten Zeiten faszinieren mich. Dann aber gibt es auch Tage, besonders im Winter, an denen ich denken könnte, die „Öffies“ wollen mich ärgern.

Nachdem ich Feierabend gemacht hatte, wollte ich mit der S-Bahn nach Hause fahren; wie gesagt…ich wollte. Die Bahn fuhr nicht, und ich habe die Alternativroute mit der U-Bahn gewählt. Natürlich war es dementsprechend voll, denn diese Idee hatte nicht nur ich.

Ich versuchte mich mit Vollbeat, deren Musik durch meine Kopfhörer rauschte, von den bunt gemischten Gerüchen der Bahn abzulenken.p1090544

Ich sah mich in der vollen Bahn um und entdeckte ein, augenscheinlich verliebtes Päärchen, vermutlich Mitte 20. Sie sprachen kaum, sahen sich aber häufig in Augen. Das war ein Blick, bei dem es selbst mir warm wurde. Sie lächelten und lachten viel. Es schien so, als würde Ihnen in diesem Moment der Rest der Welt egal sein. Sie küssten sich und hielten ihre Hände fest. Es passte kaum Luft zwischen die Beiden. Die U-Bahn fuhr weiter durch den dunklen Untergrund der Hauptstadt.

Das Paar wagte es, sich durch die Massen der Menschen zu drücken, um zur Tür zu gelangen. Die U-Bahn hielt, die Türen öffneten sich und Sie sprangen hinaus. Das Warnsignal der U-Bahntür erschallte, sie schlossen sich wieder. Die U-Bahn fuhr weiter, samit mir und dem miefigen Geruch des Innenraums.20150727_125433

Ohne diese Menschen zu kennen, bin ich neidisch. Neidisch auf das, was sie zu haben scheinen. Ich versuche mich eigentlich immer an dem zu orientieren was ich habe, dafür dankbar zu sein. Aber in diesem Moment wollte das nicht klappen. Die Zwei Menschen wirkten so glücklich, so harmonisch und friedlich. Sie schienen fast sorglos zu sein, auch wenn es nur in diesem Augenblick gewesen ist. Dabei habe ich sie noch nie zuvor gesehen.

Ich gestehe mir ein, dass ich die Leichtigkeit des Seins vermisse. Ich vermisse es auch meinen Mann in einer vollen U-Bahn an der Hand zu halten und zu küssen. Ich vermisse es mir keine Sorgen machen zu müssen und nicht darüber nachzudenken zu müssen was morgen vielleicht sein mag.

Mir fehlt diese innige Zweisamkeit, in der es Nichts als die Familie gibt. Und ich vermisse das Gefühl der Sicherheit, wenn ich Abends nach Hause komme.

Ich versuche mein Jammern zu stoppen,mich  wieder daran zu erinnern, dass wir trotz der Krabbe viel Glück haben. Ich mache mir erneut bewusst, dass Gedanken an Morgen unnötige Gedanken sind, dass diese Gedanken nur an meinen Reserven knabbern.

Aber die Sehnsucht nach dem Früher kommt immer mal wieder vorbei um mich heimzusuchen. Ich frage mich dann wo dieser Teil von mir geblieben ist, wann ich ihn verloren habe.

Ich stehe immer noch in der U-Bahn, drehe die Musik noch etwas lauter und beobachte nun den Mann gegenüber, der immerzu auf seine weißen Schuhe hinunter sieht um sie kurz danach mit einem Spucketempo abzuwischen. Im Augenwinkel sehe ich eine Frau, die ihr Gebiss in der Hand hält und mit der Nachbarin zu reden scheint. ich lächle und sehe aus dem Fenster.

Danke Berlin, danke für deine Vielfälltigkeit.20150522_214422

Ein Gedanke zu „Heute in der U-Bahn

  1. Wunderbarer Beitrag. Ehrlich.
    Jeder versteht das, denn jeder hat mal solche Momente, wie „gut“ auch immer es ihm gehen mag.
    Ich gönne Dir von Herzen massenhaft Herzblubber-Momente mit Deinem Mann <3

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