Hallo Plan E; Heldenupdate

Im letzten Post erzählte ich Euch noch davon, dass wir hoffen dass die Antikörpertherapie bald anschlägt. Ich erzählte Euch auch, dass unser Held erneut einen druck im Rücken hat, es aber noch keine Schmerzen sind. Die Übelkeit war fast weg und es schien tatsächlich bergauf zu gehen. Unser Held war auch im Alltag etwas mobiler.

Schon kurz nachdem dieser Post abgetippt gewesen war, änderte sich dies aber schnell. Nach vier recht guten Tagen sollte nun das Disaster folgen. Unser Held baute von Minute zu Minute mehr ab. Sein Arm wollte nicht mehr auf ihn hören, die Beine waren ungewöhnlich schwer. Er hatte Ausfallerscheinungen im Gesicht und starke Schmerzen im Rücken. Dazu kam ein Zustand völliger Abgeschlagenheit und Kreislaufprobleme.

Die Nacht auf Freitag lief dementsprechend nicht gut, so gar nicht. Und eigentlich war mir in diesem Moment schon klar worauf das hinauslaufen wird.

Am Freitagvormittag hat unser Held seine Onkologin angerufen. Sie kontaktierte den Oberarzt in der Klinik. Der aber war nicht da. Also kontaktierte sie den anderen Oberarzt in der anderen Klinik der Charite. Dort erhielt unser Held immer die Antikörper. Der Arzt dort wirkte noch recht entspannt und meinte dass Simon erstmal vorbeikommen soll, dann sprechen sie über alles. eine stationäre Aufnahme sei nicht nötig.

Diese Klinik ist am anderem Ende der Stadt, mit dem Auto etwas mehr als eine Stunde, mit den öffentlichen ca. 90 Minuten. Unser Held ist selbstverständlich Taxi gefahren. Sein Zustand verschlechterte sich von Minute zu Minute, so dass er kaum noch in der Lage gewesen ist, ins Taxi einzusteigen.35482237_1718201904941166_2609198920152121344_n

Ich blieb mit dem kleinem Batman zu hause. Die Einhornbändigerin verweilt dieses Wochenende bei Papa 1.

In der Klinik angekommen hat der Arzt unseren Helden gesehen und entschied ohne ein Wort mit ihm zu sprechen, dass eine stationäre Aufnahme zwingend erforderlich ist…Ach was…

Kurz danach war klar, dass die Therapie erneut umgestellt werden muss. Machts gut Antikörper, Hallo erneute Chemotherapie. Unser Held bekommt nun zwei Mal die Woche Bortizumib, eine Medikament als Chemotherapie. Dies hatte er bereits in den letzten 6 Jahren zwei mal bekommen. Und es half…beide Male. wenn auch nicht lang. Beim letzten und vorletztem Termin in der Klinik fragte ich mehrfach und auch sehr eindringlich nach dieser Therapie. Aber zunächst war dies keine Option.

Kurz bevor unser Held ins Taxi gestiegen ist, habe ich ihm noch ein T-Shirt gegeben, welches ich gemacht habe. Eigentlich sollte er es Heute erst bekommen, aber der Zeitpunkt am Freitag erschien mir passend.35476775_1718201658274524_8936220474883440640_n

Nun aber doch. zu dem Bortizumib gibt es Panobinostat, das ist ein Mittel dass die DNA von Kunibert angreifen soll, um die Zellen zu zerstören bzw. daran zu hindern sich weiter zu teilen. Dazu reichlich Kortison und noch mehr Morphin. Dazu rasselt die Lunge des Helden; Salbutamol soll es richten. Am Freitagabend gab es die erste Chemo. Morgen die nächste.

Freitagabend überrollten mich meine Gefühle, da wir plötzlich und eigentlichvöllig unerwartet drei Nachbarn zu Hause hatten. Und eigentlich ging es um etwas völlig belangloses, aber dann standen sie da. Völlig selbstverständlich und ich war total überfordert, allerdings im positiven Sinn. Mehr dazu erzähle ich Euch in unserem Wochenendrückblick Morgen.

Am Samstag durfte der kleine Heldensohn bei seinem besten Freunden spielen. Eigentlich hätte er dort auch schlafen sollen, entschied sich aber Abends um 22 Uhr anders und kam zurück nach Hause. Vollkommen okay!35628428_1718201454941211_402609066095935488_n

ich bin am Samstag in die Klinik gefahren, bzw. wurde ich gefahren. Und das kann ich immer noch nicht fassen. DANKE! Der weg ist wirklich ätzend, 90 Minuten verschenkte Zeit, aber gut. In der Klinik angekommen fand ich einen Helden vor, der weder laufen konnte, seinen arm nicht heben konnte, kaum sprechen konnte und alle 1-3 Minuten weggenickt ist. mir war nicht klar ob das Kunibert ist oder die Medikamente. Unser Held sagte mir einige Male was es zum Mittag gegeben hatte, mehr war thematisch und sprachlich nicht möglich. Das war nicht Simon, der da lag. Eigentlich wollte ich noch auf die Ärztin warten, aber nach drei STunden bin ich gegangen. Es ging einfach nicht. Ich konnte es kaum ertragen, dass zu sehen. Und obwohl wir kurz mit dem Rollstuhl unten gewesen sind, wusste ich nicht ob der Held sich später noch daran erinnern wird dass ich dagewesen bin. Er war mehr abwesend als alles andere. Der Raum war durchdrungen vom Kunibertgestank und ich musste mich wirklich sehr zusammenreißen. Die meiste Zeit habe ich auf dem Stuhl gesessen und ihn angesehen.35532027_1718201834941173_6853862846216798208_n

Als ich nach Hause gefahren bin, habe ich gelernt diese 90 Minuten Fahrzeit schätzen zu lernen. ich musste mich sammeln und versuchen zu verarbeiten was ich da gerade gesehen hatte. Ich betäubte mein Hirn mit lauter Musik aus meinen Kopfhörern.

35540850_1718201334941223_8834121783633248256_nAm Abend machte ich Sport und habe Pizza und Eis bestellt, echtes mit Zucker und so. Ich verbrachte viel Zeit im Garten, starrte fassungslos in den himmel und fragte mich wie das alles sein kann. Ich hatte permanente Panik, dass gleich mein Handy klingelt um mir mitzuteilen dass ich schnellstmöglich kommen soll. Als ich duschen war, ging das nur mit offener Duschtür und dem Telefon auf dem Boden, sonst hätte ich es nicht gehört. Am Abend schrieb mir Simon noch eine Nachricht aufs Telefon, ich konnte nicht ganz entziffern was er wollte.

Nachts, gegen drei schrieb er mir wieder. Er hätte Bauchkrämpfe und ihm ist übel; Nebenwirkungen der Chemo. Mal abgesehen von der Tatsache, dass es unschön ist, wenn es ihm körperlich nicht gut geht…diese Nachricht war ganz klar, deutlich zu verstehen und zu lesen. Der Bauch mag gegrummelt haben, aber der Heldenkopf schien klarer zu sein. Simon bekam Medikamente gegen die Übelkeit, die auch geholfen haben.

Heute Morgen meldete er sich erneut, sagte dass er seinen Arm heben kann, seine Beine nicht mehr so doll nachgeben und er sich in Summe besser fühlt. Wieder schrieb er sehr deutlich, so dass auch das Heldenhirn fitter zu sein schien.

Der kleine Batman ist, trotz nächtlicher Rückkehr, nochmal zu seinen Freunden spielen gegangen. Er wollte es so, ich hatte ihm mehrfach gesagt dass er auch zu Hause bleiben kann.35463506_1718202004941156_2639439196472737792_n

Also bin ich erneut in die Klinik, wenigstens kurz. meine Panik war abgeschwächter. Angst vor dem was mich erwartet hatte ich trotzdem. Dort angekommen, sah ich einen Helden; meinen Helden, wie er allein, ganz ohne Hilfe aus dem Bett ausgestiegen ist. Er läuft noch recht langsam und sehr angespannt bzw. leicht gebückt; aber er läuft! seinen Arm konnte er heben um mich zu umarmen. Wenn er gesprochen hat, bewegte sich der Mund seitengleich und hing nicht an einer Stelle runter. Das MRT von Freitagabend zeigte übrigens keine neuen Lässionen an den Knochen, die älteren waren noch sichtbar. Aber es zeigte sich, dass Kunibert in den Weichteilen sitz, unteranderem in Lymknoten am Hals, unter der Lunge und im Schädel. Das drückt auf Nerven, daher die Ausfallgeschichten. Ein Schlaganfall wurde somit ausgeschlossen.

Ich war heute insgesamt etwa 1,5 Stunden bei unserem Helden, länger ging nicht da der kleine Batman auch noch etwas von mir haben wollte. Smon und ich waren sogar draußen auf dem Gelände. Er konnte laufen, immer wieder fantastisch. Inzwischen sind auch die Blutwerte vom Freitag da. Der Lambda Leichtkettenwert (der Kunibertwert) ist um die 3400. Dieser wert ist erschreckend hoch, aber ich hatte aufgrund der Symptomatik damit gerechnet. Relevant ist der wert nach der nächste Blutentnahme, der zeigt ob Plan E funktioniert. Gerade bin ich recht zuversichtlich, da unser Held heute deutlich klarer war als gestern. Die Schmerzmedikamente wurden nicht reduziert, trotzdem war das Heldenhirn heute wacher. Ich gehe davon aus, dass der Lymphknoten minimal geschrumpft ist, das heißt die Leichtketten schon gesunken sind. Damit wird der Druck auf die Nerven vermindert und es klappt alles etwas besser. Aber das ist nur meine Theorie.35511035_1718201871607836_3028834598114033664_n

Simons Bettnachbar wurde heute entlassen. Er wollte zuvor noch in die Klinikkapelle gehen, eine Kerze für unseren Helden anzünden und beten. Vielleicht hilft das ja.

Nach meinem kurzen Besuch hat unser Held ein Schläfchen gemacht. Ich merkte, dass er wieder abgebaut hatte, die Hautfarbe wurde blass, gelb/grau und seine Handlungen waren weniger flüssig.

Ich bin dann gefahren, habe zu Hause einen gut gelaunten Batman in Empfang genommen. Wir machen jetzt einen „Kinoabend“, also einen DVDabend, mit Bibi und Tina, Knabberzeug und Orangensaft. Was sein muss, muss sein.

4 Gedanken zu „Hallo Plan E; Heldenupdate

  1. Ich habe keinen Schreibtischstuhl mehr zu Hause, stattdessen sitze ich im Rollstuhl, der mir geblieben ist von meiner Heldin. Ich konnte ihn auch gut gebrauchen nach meiner Fussoperation, einfach praktisch. Doch was ist das schon gegenueber den Sorgen, die Du jetzt hast liebe Ines. Ich weiss garnicht mehr, wie die letzten Tage meiner Heldin abgelaufen waren, wie boese der Arbeitgeber war ueber wiederholtes Fernbleiben von der Arbeit. Schliesslich war es ja das Leben meiner Frau und nicht das seiner eigenen. Auch die Angst vor Anrufen, vor schlechten Nachrichten und die Unverstaendnis von Doktoren bei der Beschreibung der Situation, die Du Ines ja besser verstehst als manche Doktoren. Es ist schoen, dass Du dagewesen bist in der Klinik und es hat auch Dir geholfen glaube ich, um mit der Situation klarzukommen. Manchmal brauch es auch nicht viel, um ploetzlich ganz unten zu sein, ohne Hoffnung und ohne Aussicht auf Positives. Gruesse Deinen Helden von mir Ines und sei auch Du herzlich gegruesst. Nutzt die kleinen positiven Dinge, Ihr tut es ja schon lange und habt viele kleine glueckliche Momente, das wuensche ich Euch allen Ihr Helden!

  2. Keine Worte können wirklich trösten… lediglich etwas mildern.
    Du machst das grandios.
    Nicht dass es eine Verbesserung der allgemeinen Erkrankung helfen würde….aber wie sieht es denn endlich mal mit Cannabis aus….ich hab schon ganz wahnsinnig tolle Erfolge in der Krebs Schmerztherapie erlebt. Es erleichtert wirklich einiges. Und macht nicht so high wie die gabaze chemische Scheisse
    Fühl Dich gedrückt und von weitem mit positiver Kraft gestärkt

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