Mein lieber Bräutigam

Heute ist der 24. September, Heute vor 15 Monaten feierten wir die Party unseres Lebens. Heute vor 15 Monaten haben wir uns geschworen, in guten wie in schlechten Zeiten zusammenzuhalten, bis das der Tod uns scheidet.

Geliebter Simon, keiner von uns beiden dachte damals daran, dass dieser Satz so schnell zur Realität werden würde. Erinnerst Du Dich noch, wie uns die Hochzeitsrednerin gefragt hatte, ob sie diesen Satz überhaupt sagen soll? Ihr schien das Thema fast unangenehmer als uns. Warum eigentlich?HoneymoonPictures_Ines&Simon-317

Heute vor 15 Monaten waren wir plötzlich verheiratet, wir haben uns versprochen, unseren Hochzeitstag monatlich zu feiern. Denn auch wir wollten unsere Silberhochzeit erleben, 25 Jahre hätten wir nicht geschafft. Dafür sollte Kunibert sorgen. Aber 25 Monate; wir glaubten fest daran, dass das klappen würde. Wir glaubten so sehr, dass wir unsere Silberhochzeit in unsere Bucket List aufgenommen haben. Mein lieber Held, kurz bevor Du gegen Krabbe Kunibert gesiegt hast, habe ich Dir versprochen, unsere Liste fortzuführen. Wir wollten nie, dass uns Kunibert alles zunichte macht. Deshalb zelebriere Monat für Monat unseren Hochzeitstag. Die 25 schaffen wir, wenn auch anders als gedacht.

Heute Morgen habe ich mir ein Geschenk von Dir aus dem Küchenschrank genommen. Ich glaube diese Tasse hast Du mir zum 6. Hochzeitstag geschenkt.

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Heute Abend werden wir Pasta essen, die mochtest Du immer so. Grade jetzt, während ich diese Worte an Dich schreibe, trage ich Deine zweitliebste Sweatjacke. Deine liebste Jacke liegt noch im Klinikkoffer, den ich vor über 11 Wochen mitgenommen habe, als ich Dich zurücklassen musste. Dieser Koffer steht immer noch bei P., ich kann diese Dinge im Moment noch nicht hier haben. Im Koffer sind auch diese seltsamen Schuhe, die Du so geliebt hast. Ich habe das bis heute nicht verstanden. Aber so ging es Dir mit einigen meiner Klamotten auch, ich weiß. Wenn es an der Zeit ist, hole ich Deine Sachen ab, packe den Koffer aus und lege die Dinge zu Deinen anderen.

Heute kann ich das noch nicht.

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Mein lieber Simon, hab so viel Dank, dass wir unseren ersten richtigen, großen Hochzeitstag zusammen verbringen konnten. Kunibert hatte Dich bereits sehr vereinnahmt und Du wusstest gar nichts davon. Ich glaube bis heute, dass es besser so gewesen ist. Aber ich konnte Dich in der Klinik besuchen, Dich berühren und Dir sagen, wie dankbar ich bin, Dich zu kennen. Ich hatte Dir ein Fotobuch gebastelt, gegeben aber habe ich es Dir nie. Ich wollte nicht, dass Du Dich in einem „wachen Moment“ an unseren Hochzeitstag erinnerst. Ich glaube nämlich, dass es Dir damit nicht gut gegangen wäre. Du solltest glücklich sein, Du hast Dich immer gefreut wenn ich Dich besucht habe, Du solltest aber auf gar keinen Fall ein schlechtes Gewissen bekommen.36578990_1739080929519930_3387463542696312832_n

Vorgestern habe ich das erste Mal ein Handy von Dir angemacht. Ich brauchte es für den Rückweg vom Taschenlampenkonzert, um die Kinder dank kleiner Videos trotz der späten Uhrzeit bei Laune zu halten. Ich hoffe das war okay? Ich wollte aber nicht, dass sie „unschöne“ Bilder von Dir finden, daher sah ich das Telefon vorher durch. Zwei Tage bevor Du über Kunibert gesiegt hattest, wolltest Du anscheinend ein Video aufnehmen. Ich habe es gefunden und mir immer wieder angesehen. Du bist oft währenddessen eingeschlafen, wieder aufgewacht und hast versucht zu sprechen. Das klappte nicht so recht, dieses Sauerstoffmaskending in Deinem Gesicht war im Weg. Auch habe ich gesehen, dass Du versucht hast mir eine Nachricht zu schreiben. Mein geliebter Mann, ich dank Dir dafür. Ich danke Dir dafür, dass Du bis zuletzt immer versuchst hast mir zu zeigen, wie lieb Du mich hast.31388888_1665294903565200_5903222009055150080_n

Die 3 Wochen vor Deinem Sieg über Kunibert war der größte Teil von Dir schon nicht mehr da. Du warst oft verwirrt, hast Dinge gesehen oder gehört. Oft konntest Du Dich nicht daran erinnern, dass Du Kinder hast, Du wusstest nicht, wie Deine Freunde heißen oder Deine Familie aussieht. Umso dankbarer war ich, dass Du Dich für kurze Zeit zurückkämpfen konntest. 12 Stunden bevor Du ins Koma gelegt wurdest, waren Deine Eltern und ich bei Dir. Und Du warst da, so richtig da. Du warst orientiert und konntest Dich verabschieden. Du bist ein Kämpfer, mein Herz!

Während der ganzen Zeit wusstest Du immer, wer ich bin. Es gab nur einen Tag, an dem ich Dich daran erinnern musste, unser erster richtiger Hochzeitstag. Da hat Dir Kunibert einen Streich gespielt. Und weißt Du was, das war vollkommen okay und wie ich bereits sagte, vermutlich auch besser so. Aber an allen anderen Tagen, egal wie desorientiert Du gewesen bist, Du wusstest immer wer ich bin. Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum das so gewesen ist. Du hast Dich in vielen Dingen bei mir rückversichert, mich anrufen lassen oder Deine Medikamente erst genommen, wenn ich bei Dir gewesen bin, nur um zu hören ob das okay sei. Du hast Dich nachts gemeldet wenn Du Angst hattest.33837624_1697138343714189_1623873129698820096_n

Mein geliebter Simon, lass Dir eins gesagt sein. Ich empfand es nie als anstrengend, ich fand Dich nie seltsam oder anstrengend. Die ganzen letzten Wochen mit Dir waren wie ein Geschenk, jeder einzelner Tag. Du wusstest immer wer ich bin und ich hab eine Ahnung, wie anstrengend das gewesen sein muss. Du hast mich sogar anrufen lassen, wenige Minuten bevor Du ins Koma gelegt werden musstest. Du wolltest wissen, ob das okay ist und ich morgen wieder zu Besuch komme. Deine letzten Worte, die Du gesprochen hast, waren Worte an mich. Danke, dass ich mich von Dir verabschieden konnte, ich Dir gute Nacht sagen durfte. Damit hast Du mir mehr gegeben, als Du es Dir vermutlich vorstellen kannst.

Zwei Wochen nach unserem 12. Hochzeitstag, also dem ersten, großen und richtigen, hast Du gesiegt und Dir damit selbst das schönste und beste Geschenk gemacht. Ich bin so stolz auf Dich, dass Du loslassen konntest. Deine Entscheidung, unsere Entscheidung war richtig.HoneymoonPictures_Ines&Simon-354

Mein lieber Held, ich vermiss Dich so. Aber ich bin mir sicher, dass Du immer da bist. Du kannst gar nicht anders als Deine Hand schützend über uns zu legen. Manchmal geschehen Dinge, die sich die Heldenkinder und ich nicht erklären können. Die Einhornbändigerin meint dann immer, dass Du das warst. Den Kindern geht es gut mit diesem Gedanken, weil sie damit das Gefühl haben, nicht ohne Dich zu sein. Unsere Kinder machen das ganz großartig, hast Du sie gestern im Friedwald gesehen? Im Wald auf dem Weg zu Dir sagten sie immer wieder, dass wir Dich besuchen gehen. Sie begrüßen Dich, sie wünschen Dir viel Spaß im Himmel und hoffen dass Du nun nie wieder Medikamente nehmen musst.

Am Kühlschrank hängt ein Teil Deines Eheversprechen an mich. Es hängt da, geschrieben von Dir auf einen Schmierzettel. Und jedes Mal wenn ich daran vorbei gehe, sehe ich drauf.

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Lieber Simon, danke dass Du mein Mann bist. Danke für die letzten knapp 10 Jahre. Danke für die Party unseres Lebens vor 15 Monaten. Du hast so hübsch ausgesehen!

Alles Gute zum 15. Hochzeitstag mein Held. Ich lieb Dich.

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Achtung Werbung, unbezahlt und von Herzen gerne: Alle Hochzeitsfotos sind von Honeymoonpictures. Hab vielen Dank für diese Erinnerungen!

5 Gedanken zu „Mein lieber Bräutigam

  1. Wunderschöne und bewegende Worte . So toll geschrieben , das es mir doch einige Tränen gekostet hat . Dein Held wusste bis zu seinem Sieg das es sich immer und zu jeder Zeit auf dich verlassen konnte , er hat vielleicht vieles vergessen, aber dich nicht .

  2. Also liebe Ines, Du oeffnest Dein Herz und es wird mir warm wenn ich Deine Zeilen lese. Mehr kannst Du uns nicht mitteilen. Fuer meinen Teil ist es wie eine Geschichte in Zeitlupe. Es beruehrt mich tief und gerade in einem schlechten Augenblick gelesen, erinnert mich vieles an mein eigenes Leben. Vor einem Jahr koennte ich ein Buch schreiben mit dem Titel „Das Ende“. Es ist nicht dazu gekommen, doch sind es Augenblicke die dieses Gefuehl vermitteln. Eine neue Freundschaft ist das maximale was geht, keine Liebe, keine Partnerschaft. Alleinesein muessen. Nach einem schoenen Wochenende wieder allein. Dann moechte ich am liebsten in ein tiefes Loch kriechen, niemand soll anrufen, keiner mich sehen koennen!. Es ist nur manchmal etwas leichter. Wir sollten und darauf einstellen. Auch darauf, dass es vielleicht niemals endet.
    Sei lieb gegruesst aus dem Land der Trolle!

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