Wie ist das eigentlich, das Leben danach

Inzwischen sind es 3,5 Monate ohne Simon.. 3,5 Monate, in denen wir Zeit hatten, uns an das neue Leben, an eine unbekannte Zeit zu gewöhnen. Ich glaube so richtig daran gewöhnen können wir uns nicht, damit arrangieren trifft es eher.

Es sind noch lange nicht alle Behördengänge abgeschlossen. Der Erbschein ist noch nicht lange hier, die Wege, die gegangen werden wollen, werden erstmal nicht weniger.

Jeden Morgen wenn wir aufstehen, denke ich an unseren Helden. Den Kindern geht es ebenso, der kleine  Batman sucht weiterhin jeden Morgen die Wolkenlücken, um Simon „Gute Morgen“ zu sagen. Die Einhornbändigerin schreibt Briefe und malt Bilder. Dazu kommen kleinere Schwierigkeiten mit den Sanitätshäusern und der Krankenkasse. Ein Traum. Wirklich.

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Ich dachte früher immer, dass der Satz „Meine ersten Gedanken am Morgen sind an Dich und meine letzten am Abend auch“ nur eine Zeile in schlechten Liebesfilmen ist. Nun muss ich aber lernen, dass es tatsächlich Realität sein kann. Mein erster Gedanke am Morgen, sobald der Wecker klingelt, gilt Simon. Der letzte am Abend auch.

Es ist nicht so, dass wir ununterbrochen traurig in einer Ecke sitzen, uns bemitleiden und an unseren Helden denken. Es gibt Stunden und viele Momente, da ist dem nämlich gar nicht so. Es gibt Momente da lachen wir viel und freuen uns über Dinge, die wir zusammen geschaffen haben.

Die Abende sind schlimm, jeden Tag aufs Neue. Wenn wir unsere Gute-Nacht-Geschichte lesen und es kommt ein Papa darin vor oder etwas das Simon gern getan hat, werden die Heldenkinder etwas traurig. „Wir haben keinen Papa mehr“ oder „Das hätte Papa auch toll gefunden“…

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Eine Zeit lang überlegte ich, diese Bücher aus dem Regal zu nehmen. Ich entschied mich dagegen, weil es doch in die falsche Richtung gegangen wäre. Woanders gibt es Papas, nicht überall, aber es gibt sie. Das ist auch gut so. Wir sollten uns nicht die Welt so verdrehen, dass sie besser zu uns passt, sondern uns den neuen Gegebenheiten anpassen und lernen, damit umzugehen.

Der kleine Batman geht sehr offen mit der Tatsache um, dass sein Papa nun im Himmel wohnt. Er erzählt es auch jedem und wenn es der Postbote ist, der an der Tür steht. Die Einhornbändigerin tut das nicht so ausdauernd. Sie redet auch darüber, oft zu Hause oder mit Freunden. Aber nicht mit jedem.

Wir räumen viel im Haus umher, um es uns schön zu machen. Wir benutzen Dinge, die wir haben, da sämtliche finanziell verfügbaren Mittel für den Kellerumbau oder die Hausmiete veranschlagt sind. Das klappt bisher ganz gut. Wir suchen und brauchen sichtbare Veränderung und wollen es trotzdem vertraut haben.IMG_20181005_073521_157.jpg

Was nach wie vor recht häufig vorkommt, sind wahrscheinlich gut gemeinte Fragen und Aussagen. Ein kleiner Auszug aus unserem Bullshitbingo:

„Wie, Du gehst immer noch nicht arbeiten?“ (Nein das tue ich nicht, zumindest nicht in meinem alten Job. Dass ich nicht arbeite, kann ich so nicht sagen)

„Es ist doch schon xy Monate her, es muss doch langsam besser werden. Blick nach vorn, auch die Trauer darf ein Ende haben“. (Ich blicke nach vorn, sonst könnte ich am Morgen nicht aufstehen. Ich trauere, das stimmt. Aber ich bin es, die Abends allein auf dem Sofa sitzt, nicht Du. )

„Der Verlust eines Menschen ist kein Grund so lange zu Hause zu sein“ (Mag sein, aber ich bin nicht krankgeschrieben, weil Simon verstorben ist, sondern aufgrund der Zeit zuvor UND dem Jetzt. Burn Out und so. Außerdem brauchen mich die Kinder, mein Hirn funktioniert nicht usw.)

„Du isst zu wenig“ (ich weiß)

„Du schläfst zu wenig“ (das weiß ich auch)

„Kopf hoch, Du bist noch jung. Irgendwann lernst Du einen neuen Mann kennen“ (Mag sein, mag nicht sein. Aber was soll mir dieser Gedanke gerade bringen?)

IMG_20180906_071408_488.jpg„Ich kenne das, mein Hund, Katze, Vogel oder Cousin dritten Grades ist auch gestorben“ ( Mein Beileid)

„Sei froh, dass Du Deine Kinder noch hast, die helfen Dir“ (Ich danke Gott für meine Kinder, jeden Tag. Allerdings sind sie nicht da, um mir zu helfen. Diese Verantwortung gebe ich nicht an sie ab. Es ist anders herum, ich helfe meinen Kindern. Die Verantwortung für mein Wohlbefinden obliegt nur mir)

„Lass Dir helfen“ (Mache ich)

„Die Zeit heilt alle Wunden“ (die Zeit kann mich mal)

„Du musst jetzt stark sein“ (ich muss gar nix)

„Du musst nur wollen, dass es besser wird“ (ähm, ich weiß gar nicht was ich dazu sagen soll)

„Simon hätte nicht gewollt, dass Du traurig bist“ (stimmt, hätte er nicht. Aber was soll ich machen?)

Gibt es Hinterbliebene unter Euch? Bitte sagt mir, dass nicht nur ich diese Sätze zu hören bekomme.

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Mir geht es übrigens nicht schlecht, irgendwie scheinen das viele zu denken. Ich kann nicht genau sagen, wie es mir geht. Es ist die Käseglocke, die noch immer über mich gestülpt ist. Mir geht es weder schlecht noch gut, es ist etwas dazwischen. Ich erinnerte mich vor einigen Tagen an einen Satz, den einmal eine Zeitung über mich geschrieben hat. „Frau G. ist keine Frau, die schnell aufgibt, erst recht nicht, wenn es um ihren Mann geht“ So ist es bis heute. Ich gebe nicht auf; nicht mich, nicht meine Kinder und auch nicht unsere Pläne. Ich brauche nur etwas mehr Anlauf als früher, das ist alles.

Meine Therapeutin meint, dass ich traumatisiert bin. Nie hätte ich gedacht, dass mir Simons Sieg über Kunibert so sehr die Schuhe ausziehen wird. Ich dachte früher, dass ich das alles ohne Probleme bewältigen werde, schließlich wäre es besser für ihn. Ich erzählte Euch bereits, dass ich mich eine Zeit lang wie Hulk gefühlt habe und dachte, dass ich vorbereitet sei. Wir arbeiten auch daran, dass sich meine Gedanken noch immer jeden Tag um die Frage „Was wäre gewesen wenn“ kreisen. War es richtig, der Intubation zuzustimmen? War es richtig, Simon nicht zu sagen, was gleich geschehen wird und ihn in dem Glauben zu lassen, dass er nur etwas zu schlafen bekommt, damit morgen alles besser sein wird? War es richtig, einen Tag später die Behandlung einstellen zu lassen, um ihn gehen zu lassen? Meine Therapeutin sagt immer wieder etwas vom „größten Liebesbeweis“ und versucht mir bewusst zu machen, dass der Sterbeprozess bereits viel früher begonnen hat und nicht aufzuhalten gewesen wäre. Früher hat sie als Psychologin in der onkologischen Abteilung einer Klinik gearbeitet. Sie scheint zu wissen, was sie sagt.

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Wir haben unser Abendritual etwas ausgeweitet. Zur Gute-Nacht-Geschichte gibt es jetzt auch eine „wir machen eine Runde Quatsch“ Phase und oft auch Gespräche über Simon. Diese Gespräche sind immer häufiger positiv besetzt, die Stimmung im Raum ist gelöst und die Kinder erinnern sich an schöne Momente.

16 Gedanken zu „Wie ist das eigentlich, das Leben danach

  1. Erstmal: Ich ziehe meinen Hut vor dir! Du hast eine Situation erlebt, vor der sich wohl alle Mamas und Papas fürchten. Dein Albtraum wurde leider wahr und es tut mir von Herzen leid für dich und deine Mädels.
    Ich habe bereits zwei dieser Fälle im unmittelbaren Umfeld erlebt. Der Vater eines meiner Schulkinder starb nach 1,5 Jahren an Krebs, der Mann meiner Freundin (3Kinder) ist letztes Jahr tödlich verunglückt.
    Sie alle mussten und müssen sich diese saudoofen Sprüche anhören, die du oben beschrieben hast. Einfach nur unverschämt, wahrscheinlich wissen die Leute es wirklich nicht besser.
    Na ja, wenn du magst kannst du mir auch gerne privat schreiben.
    Also halt die Öhrchen steif so gut es eben geht, du machst das wirklich, wirklich toll!
    Alles Liebe aus der Ferne, Viola

    1. Du hast mein vollen Respekt verdient !!!! Du machst das richtig du hörst auf dein Herz
      Es ist normal das man traurig ist den Zeit heilt nicht die Wunden man lernt anders damit umzugehen, nimm dir die Auszeit die du brauchst den deine Kraft brauchen deine Kinder die dich leben. Vielleicht kannst du wenn der lästige Papier Kram erledigt eine Kur beantragen das würde euch noch ein Stückchen gut tunen.
      Das bullshitbingo kenn ich ich hab innerhalb von nicht mal 6mon.meine Schwester und Meine Mutter durch den Krebs verloren
      Leider hab ich nie die Möglichkeit gehabt zu trauern da 8ch tatsächlich keine Zeit hatte.
      Papierkram

  2. Hallo Ines, manchmal møchte ich in ein tiefes Loch kriechen. Einfach wegsein! das geht vorbei. Brief aus Deutschland gekriegt von der Rentenkasse, musste pløtzlich heulen. Hatte dann dort angerufen und konnte kaum sprechen. Es ist einfach so. Es aussert sich auf vielfaeltige Weise und es gibt kein Rezept dagegen.
    Das was Deine Therapeutin gesagt hat, kann ich bestaetigen. Auch Du kannst das. Fuer mich ist es so, das alte Leben gibt es einfach nicht mehr. Es ist weg! Alles hat sich geaendert. Vorher, waehrend und nach dem Tod meiner Heldin. Auch wenn ich es weiss, ich kann es trotzdem nicht verstehen. Ich muss damit leben, Du und Deine Kinder muessen es ebenfalls. Nur wer jemals in Deiner Situation war der kann es verstehen. Das Unfassbare, das Unbegreifliche, das Ungerechte.
    Liebe Gruesse aus Norwegen zu Euch nach Berlin, Ines!

  3. Liebe Ines – oh ja diese Sätze und supertollen Ratschläge (meistens von Menschen, die so eine Extremsituation noch nie mitgemacht haben) haben wir auch zu hören bekommen. Besonders toll finde ich es, wenn mich Bekannte fragen: ‚Wie geht’s Dir denn heute so?‘ Ich habe dann immer den Eindruck, daß die Antwort lauten sollte: ‚Och mir geht’s blendend – Papa ist ja jetzt schon 1.5 Jahre tot, und weißt du die Krebstherapien waren auch alle eigentlich ein Spaziergang – wir waren nur aus Spaß an der Freude manchmal sogar 2x am Tag im KKH, weil ich sonst nix anderes zu tun hatte.‘ Zum abgewöhnen. …
    Ich unterstelle hier durchaus keine Bösartigkeit – Menschen, die so eine – ich nenne es jetzt mal lapidar – Extremsituation im engen Umfeld noch nie miterlebt haben, können und wollen das in der Regel gar nicht so genau wissen (ich denke, daß hat was mit natürlichem Eigenschutz zu tun) und das ist auch okay (für mich) – aber dann sollen sie auch am Besten gar nicht erst fragen oder ungebeten (ihrer Meinung nach) tolle Ratschläge geben…
    Ich bleibe dabei: Ihr drei findet Euren Weg – ein Schritt nach dem anderen – es ist Euer Tempo!
    Du bist eine tolle Mama mit zwei tollen Kindern !!!!
    LG Susanne

  4. Oh ich verstehe dich so gut…KEIN Mensch kann fühlen was du fühlst und wie du mit den Gefühlen umgehst und sie verarbeitest(oder auch noch nicht)…Ich kenne diese Sätze🙈sie helfen null und machen einen hilflos…“wie soll ich darauf antworten „🤔… kann man nicht…aber diese Sätze kommen im zu helfen im die eigene Hilflosigkeit besser zu machen…sie sind sicherlich nicht böse gemeint aber helfen tun sie nicht 🤷‍♀️
    Ihr macht das alles so toll ihr drei und ich finde es schön das du sagst wir können (und möchten) nicht alles neu machen,aber wir möchten es anderes und erträglicher für UNS machen ❤❤❤Richtig so 👌denn IHR müsst euer Leben weiter leben und niemand anderes 🍦

  5. Tja, mit all der Kraft, die mir gewünscht wurde, hätte ich Weltmeisterin im Gewichtheben werden können……nein, Spaß beiseite.
    Was die Arbeit angeht, in der akuten Situation hätte ich nicht abeiten können und war sogar bereit, den Job hinzuschmeißen, aber ich habe einen taffen Hausarzt, der ist Gold wert. Er hat mich monatelang krankgeschrieben. Als mein Mann dann gestorben ist, auch noch einige Wochen, danach wollte ich aber wieder arbeiten, weil das eine gute Ablenkung ist. Nur wenn ich Abends nach Hause komme und niemand ist da-leider sind meine Kinder schon lange ausgezogen.

    Ich glaube, dass einen trauernden Menschen solche Sprüche schon nerven können, aber auch wenn man sich innerlich schrecklich wund fühlt, die meisten Personen sind einfach hilflos und flüchten sich in Platitüden, weil sie nicht geübt in Anteilnahme sind.
    Ich habe den vielen das nicht übelgenommen, einigen aber schon, darunter sogar Leuten aus der engsten Verwandschaft. Mit denen pflege ich schlicht keinen Kontakt mehr. Schlage Dich weiter tapfer, ich denk oft an Euch. Liebe Grüße von Sabine

  6. Ich „mochte“ ganz besonders den Satz: „Irgendeinen Sinn wird es schon haben.“
    Danach war ich immer total verwirrt. Welchen verdammten Sinn soll es in irgendeiner Realität haben, dass ein geliebter Mensch stirbt? Natürlich möchte man irgendwann etwas positives entdecken. Aber selbst, wenn ich positive Erlebnisse und Begegnungen dadurch hatte, so kann ich darin nichts finden, dass dem Unfassbaren irgendeinen Sinn gibt…

  7. Ich fand am Schönsten relativ kurz nach dem Tod meines Mannes: und, geht es Dir schon besser? Ich bin nicht krank und die Gewissheit, dass ich von heute auf morgen mit zwei kleinen Kindern alleinerziehend bin, bleibt…!
    Hier wird häufig gesagt: wir denken ganz oft an Dich. Wenn nur ein Viertel der Leute sich in einem solchen Moment mal kurz per app oder so bei mir gemeldet hätten, wäre das toll gewesen. Da war nämlich vor allem sehr viel Schweigen und Stille.
    Schön war neulich auch: ich kenne das auch, meine Schwester ist auch alleinerziehend, die hat sich von ihrem Mann scheiden lassen. Das ist doch ein deutlich anderer Zusammenhang als bei uns.

    Ich vermisse vor allem die Kommunikation. Wir konnten gut miteinander reden und haben uns insgesamt super ergänzt. Und das fehlt mir neben vielem anderen mehr. Ausserdem fehlt mir Zeit alleine. Vorher war es normal, dass ich mal eben allein in die Stadt gehen konnte, mal weggehen oder so. Gleiches galt genauso natürlich für meinen Mann. Und jetzt bin ich 24 Stunden am Tag 7 Tage die Woche allein verantwortlich. Während meiner 30 Stunden Arbeit werden die Kinder gut betreut, aber sie dann nochmal zusätzlich zusammen irgendwo spielen zu lassen o.ä. fällt mir schwer. Dabei ist es manchmal so angenehm, einfach eben kurz allein einkaufen zu gehen oder so.

    Euch alles Gute! Bei uns ist es etwas mehr als ein Jahr her und ich glaube, dass ich zuviel rückwärts getrauert habe, auch wenn nach aussen hin alles ganz gut läuft. Jetzt sind Schritte nach vorne mal notwendig.

  8. Liebe Ines, ich hatte auch schon schwere Situationen in meinem Leben, in denen ich ganze Bullshit-Bingos hätte füllen können. Jeder, ob nahestehend oder völlig fremd, fühlt sich berufen, seinen Senf dazuzugeben und einem irgendeinen „hilfreichen“ Spruch zu sagen, bei dem man selbst am liebten platzen könnte. Ich kenne die unterschwellige Aggression, die man gegenüber solchen Sprüchen aufbaut und die Wut darüber, dass die anderen grundsätzlich besser über mein Leben Bescheid wissen als ich. Ich glaube dir, dass du darüber völlig genervt bist.
    Aber vielleicht hilft es dir, die Sache von einer anderen Seite zu betrachten. So doof und absurd die Sprüche auch sind – die Leute, die sie anbringen, wollen meistens nur helfen und wissen einfach nicht, wie. Wer fühlt sich schon souverän im Umgang mit Hinterbliebenen, Schwerkranken etc! Eigentlich sind doch alle gleich hilflos und wissen nicht, was sie sagen sollen, also sagt man, um wenigstens etwas zu sagen, das erstbeste, was einem einfällt. Das ist nicht unbedingt so böse und herablassend gemeint, wie es bei einem ankommt. Es ist Ausdruck von Unterstützung und gleichzeitig Hilflosigkeit.
    Ich sage dir ehrlich, ich bin auch kein Meister im Verständnis und mir schwillt immer wieder der Kamm und ich möchte explodieren, wenn ich solche Weisheiten an den Kopf bekomme, aber später, wenn ich mich beruhigt habe und darüber nachdenke, bin ich sicher, dass mir keiner was Böses will und die Leute einfach nur helfen wollen. Auch wenn sie es nicht können. Gut gemeint geht leider oft schief, war aber trotzdem gut gemeint. Versuche, die Intention zu sehen und nicht das Ergebnis.

    Euer Kuschelfoto ist wirklich toll! Deine Kinder sehen so fröhlich und gelöst aus. Ihr macht das schon alles richtig so. Ich wünsche euch weiter viel Kraft und ganz, ganz viel Zusammenhalt untereinander. Alles Liebe!

  9. Liebe Ines,
    schlimm was Du Dir so anhören musst.
    Meiner Meinung nach kann man solche Sätze überhaupt nicht sagen wenn man Empathie für andere hegt.
    Du überlegst ob es alles richtig war,was Du für Simon gemacht hast.
    Ich glaube,auch wenn du manches anders gemacht hättest,
    würdest du es Dich jetzt fragen.
    Liebe Grüsse,
    ich drücke Dich aus der Ferne😘

  10. Ines.

    Ja, wie ist das eigentlich, das Leben danach. Im Grunde weiß ich es nicht, da ich auch nicht weiß, welches Leben gemeint wird. Dein Leben, das Deiner Kinder, Euer gemeinsames, oder das spezielle Leben, von Deinem kleinen Sohn, oder das von Deiner Tochter. Oder vielleicht Euren Hunden.
    Sie alle, Ihr alle habt ein eigenes Leben, individuell in Eurer Wahrnehmung in Eurer Verarbeitung. Das hängt mit Eurer Vorgeschichte zusammen. So wie die Reaktionen der Mitmenschen, die Euch begegnen, die einen Ursprung einer Vorgeschichte haben und aus dieser heraus reagieren, agieren.
    Das darfst Du, hinnehmen, kannst Du hinnehmen, oder übergehen, nicht beachten. Du hast eine Wahl. Aus diesem Angebot, der Wünsche, so dahin gesprochener Floskel, kannst Du Dir das bestmöglichste raussuchen.
    Warum nicht.
    Menschen begegnen Menschen und solche Situationen, sind extrem Situationen.
    Für Dich war und ist es das erste Mal, wie Du geschrieben hast, für andere vielleicht auch. Sie sind Dir nicht so nahe gestellt, oder sehr nahe. Das baut Schranken auf, die Menschen die um Dich sind, die die Dir schreiben, sind berührt, werden erinnert. Sie kommen ungewollt, gewollt in ihre Vergangenheit und sprechen tröstende, vermittelnde Worte aus. Sie signalisieren doch nichts weiter als Wertschätzung für Deine Belange.
    Das darf, sollte doch nicht als Kritikpunkt aufgefasst werden.

    Du hast Recht, Du befindest Dich unter, oder in einer Glocke. Vielleicht eine aus Glas. Du kannst raussehen, aber Du nimmst nicht wirklich am Leben teil, warum auch. Dort bist Du geschützt, vor allem Leid, aller Unbill, das Dir nun das Leben bietet. Du bist auch vor Dir selbst geschützt, das ist ein Nebeneffekt.
    Innerhalb dieser Glocke, bist Du sicher. Du hast auch in diesem Raum Narren-freiheit. Solange diese Glocke existent für Dich ist. Wenn Du nicht in dieser Glocke, die Du empfindest wärest, was wäre dann mit Dir?. Bist Du dieser Frage schon nachgegangen. Wahrscheinlich nicht.

    Dein Zweifel: “ Was wäre wenn Du nicht Deine Zustimmung gegeben hättest“
    Was wäre, wenn die Ärzte nach ihren Maßstäben, ihres Eides, ihres Wissen und Können gehandelt hätten. Was wäre dann? Wäre dann die Frage nach einer möglichen Schuld an Dir vorbei gegangen. Wie wäre dann Deine Trauer ausgefallen. Womit würden dann Deine Gedanken geplagt. Was glaubst Du?

    Für wen hast Du die Entscheidung getroffen, für Dich, für den der seine Verantwortung für sich an Dich übertragen hat. Was hat Dich geleitet. Eine Erkenntnis, ein Verständnis, ein übertragener Wunsch, Liebe? Du wirst eine Antwort finden, nur sie wird weh tun, da bin ich mir sicher. Sie wird Dich in Deine Freiheit führen. Vertraue Dir, Glaube an Dich

    Hilde

  11. Hallo Ines,
    ich selber habe eine Kindheit erlebt, in der mein Vater völlig unerwartet mit 36 Jahren starb. Ich war zu diesem Zeitpunkt 6 Monate alt und mein Bruder zwei Jahre. Ich weiß etwas von der Athmosphäre, die danach eine Kindheit überschatten kann. Wenn ich dich mit deinen Kindern sehe, kann ich nur staunen und dir sagen, du machst das einfach gigantisch. Diese positive Energie, die auf deine Kinder übergeht. Das habe ich komplett anders erlebt.
    Ich habe als Kind ( heimlich) getrauert , obwohl ich ihn nie kannte . Ich habe immer geglaubt, dass ich kein Recht zum Trauern hätte, weil ich den Verlust ja nicht bewusst erlebt hatte.Damals wurde mit uns einfach nicht darüber gesprochen.
    Und diese dummen Sprüche, ja, sie kosten Kraft. Das ist dem Gegenüber nicht bewusst, dass man solche Sprüche erst verkraften muss . Das ist auch meine Erfahrung.
    Aber ich glaube auch, dass diese Sprüche oft ein Zeichen von Hilflosigkeit sind, um einem Gespräch oder oft nur einem small talk irgendwie eine ( zumindest für den ,der spricht) positive Wendung zugeben.
    Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute.
    Ich bewundere dich und auch ganz besonders deine beiden Kids !!
    LG
    Barbara

  12. Diese Sprüche gibt es immer. Mir scheint als würden Andere sich zum Teil dadurch benachteiligt fühlen, wenn irgendwer länger krank geschrieben ist, selbst wenn es nicht mal deren eigene Arbeit ist.
    Eines wird dabei gerne vergessen – was dir passiert ist, kann in ähnlicher oder abgewandelter Situation jedem von uns passieren.
    Auch ich finde, dass ein ‚ich denk an dich‘ meistens völlig reicht, während die Aussagen aus deinem Bullshit Bingo eher nach hilflosen Phrasen. Mir half es immer das auch so zu betrachten, sie meinten es nicht böse, wussten nur nicht was sie sagen sollten.
    Jede Familie gibt in solchen Situationen das beste, das sie geben kann – ihr macht das wunderbar, du machst das wunderbar.

  13. Schön ist auch der Spruch:“er/sie hat jetzt keine Schmerzen mehr und ihm/ihr geht es jetzt besser wo er/sie jetzt ist.“
    Weiß man selber, aber trotzdem kann einen der Schmerz und das Verlangen nach einer Person verrückt machen und das ist gut so.

  14. Kannst du dich an Zeiten erinnern, wo in deiner Familie alles in Ordnung war und du Leuten begegnet bist, die einen Krankheits- oder Todesfall in der Familie hatten? Man fühlt sich immer unwohl und weiß auch nicht recht, was man sagen soll. Also bleibt es bei Floskeln. Auch kann man so eine Situation nur in etwa nachfühlen, wenn man sie selbst erlebt hat. Selbst dann geht jeder mit der Trauer an. Eine Freundin meiner Mutter hat sie nach dem Tod meines Vater quasi „gezwungen“ mit ihr joggen zu gehen. Letztendlich das Beste was meiner Mutter passieren konnte. Als die Freundin 5 Jahre später selbst ihren Mann verlor, ist die Freundschaft zerbrochen. Weil sie sich überhaupt nicht hat „helfen“ lassen. Meine Mutter würde sie nicht verstehen.
    Trauer ist komplex, Trauer ist unberechenbar, Trauer hält unterschiedlich lange an. Aber vor allem geht jeder anders damit um.
    Die klugen Sprüche nerven, aber sind doch gut gemeint. Sei ehrlich und deutlich in deinen Antworten. Dann weiß man als Außenstehender auch besser mit Dir um zu gehen.
    Gib der Trauer Raum und Zeit. Aber lass sie dich nicht komplett übernehmen. So grausam es ist, jeden Tag geht die Sonne auf und die Welt dreht sich weiter. Man muss mitschwingen, sonst geht man unter.

    Ich wünsche dir Kraft und Zuversicht für die Zukunft

  15. Ich habe ja schon mal berichtet über die Sprüche. Mein Mann ist krank und wäre um ein Haar gestorben. Was ich mir seither anhören durfte… Eine Mischung aus Sensationsgier und gedankenlosen Sätzen. Und das vor dem Hintergrund, dass wir drei (!) kleine Kinder haben.
    Was ich mir denke? – Kümmert euch um euren Sch… und: – Ihr wisst nicht, was EUCH alles noch passieren kann.
    Dass du derzeit nicht arbeitest, treibt die meisten Leute um. Auch das kenne ich. Am besten sagt man, dass man eine fette Lebensversicherung hatte oder reich geerbt. Dann verstummen diese Geier wahrscheinlich.

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