Ich bin ein Mombie

Kennt ihr diese Eltern, bei denen nahezu alles und immer perfekt ist? Die, die selten laut werden, viele Kinderlieder kennen, perfekt kochen können und dabei auch noch gut aussehen?

Ich kenne welche. Zumindest wirkt es so als wenn alles immer rund läuft, was innerhalb der eigenen vier Wände geschieht, weiß natürlich Niemand.

Ich bin da eher ein Mombi, eine Mischung aus Mama und Zombie. Meine Kinder wissen, dass ich vor dem ersten Kaffee am Morgen nicht ansprechbar bin. Ich versuche meine Augenringe jeden Tag notdürftig mit jeder Menge Concealer abzudecken. Bad Hair Days sind an der Tagesordnung und Kinderlieder…naja, unsere Kinder wurden schon früh an andere Musik gewöhnt. Wobei der Versuch der musikalischen Früherziehung bis Dato gescheitert ist. Die Einhornbändigerin mag Helene Fischer und der kleine Batman hat da auch seine speziellen Vorstellungen. Aber lassen wir das.

Ich bin die, die nie bei Babyschwimmkursen war und nur einmal eine Krabbelgruppe besuchte, stattdessen haben unsere Kinder jede Menge Sand und Stöcker auf dem Spielplatz oder Feld gegessen. Bio waren diese Dinge bestimmt auch nicht.

Ich werfe heimlich gemalte Bilder der Kinder weg und werde zum Teil dabei erwischt. Darauf folgen anstrengende Schrei- dann Schweigeminuten.

Wenn ich Kopfschmerzen habe, sehr müde bin oder einfach grade keine Lust auf Diskussionen habe „parke“ ich meine Kinder vor dem Tablet.

Spontanbesuch muss damit rechnen dass die Wohnung nicht aufgeräumt ist. Okay, eigentlich räume ich nur für Menschen auf, die ich noch nicht gut kenne oder die ich nicht leiden kann.

Ich gehe mindestens zwei Mal im Monat abends weg. Entweder passt meine Mama auf oder die Kinder sind bei ihren Freunden. Und ich habe kein schlechtes Gewissen.

Als die Kinder noch Babys waren, waren meine besten Freunde der Dutt auf meinem Kopf und das Trockenshampoo.

Familienbilder sahen eher so aus.

ich kontrolliere keine Hausaufgaben, achte nur darauf dass sie gemacht werden. Die Heldenkinder dürfen sich in Bakterienverseuchte Pfützen werfen und Dinge essen die auf den Boden gefallen sind. Ein Apfel aus dem Sandkasten ist besonders crunchy.

Wenn ich morgens aufstehen muss, stoße ich mich an sämtlichen Ecken, die unser Haus zu bieten hat.

Wenn ich mal wieder meinen Haustürschlüssel oder mein Handy nicht finde aber nur noch wenig Zeit ist, veranstalte ich mit den Kindern Wettbewerbe. Wer als erstes mein xy gefunden hat, hat gewonnen.

Ich mag Laternenumzüge und Fasching nicht.

Ich vergesse gern Termine der Schule/der Kita und gerate deswegen regelmäßig in Panik

Ich esse heimlich Schokolade oder Lakritze. Letzteres nicht immer heimlich weil ich weiß, dass die Heldenkinder sowieso nichts abhaben wollen.

Ich bin alleinerziehend. Habe zwei Kinder von zwei Vätern. Bezogen auf Emma bin ich fast überall die jüngste Mutter. Klischees kann ich.

Und überhaupt, ich habe manchmal so wenig von einer Vorzeigemutter, dass ich mich schon selbst erschrecke. Das Bild das gern in Medien und sonst wo gezeigt wird ist mir fremd. Ich war noch nie so und am Anfang meines Mama- Daseins zweifelte ich daher auch oft an mir. Ich wollte auch so perfekt sein, setzte mich unter Druck und wollte alles richtig machen. Je mehr ich das versuchte, je mehr ich mich in diese Vorstellung pressen wollte, desto dicker und tiefer wurden meine Augenringe. Es dauerte eine Weile bis ich verstanden hatte, dass ich das gar nicht muss.

Ich denke dass meine Kinder trotzdem ganz glücklich sind, auch wenn ich nicht immer nur in Flüsterstimme rede, ich ab und an genervt bin, meine Schlabberhosen liebe und Größe 36 inzwischen nur noch die Schuhgröße meiner Tochter beschreibt.

10 Gedanken zu „Ich bin ein Mombie

  1. Liebe Ines – nicht trotzdem mögen dich deine Kinder, sie mögen dich, weil du gerade Nicht perfekt bist. Und Eltern, die behaupten, dass sie perfekt sind, haben eh wahrnehmungsstörungen. herzliche grüße Mario

  2. Ich habe gerade herzlich gelacht (musste auch kurz an meine versteckte Chipspackung denken) und habe akut das Bedürfnis, mir ein großes Beispiel an dir zu nehmen 😀 Ich sollte mich weniger von den „perfekten“ Familien ablenken lassen.

  3. Es ist immer wieder witzig, wie sehr Eigen- und Fremdwahrnehmung auseinander klaffen.

    Ich frag mich immer, wie du das alles so toll meisterst. Kaufst gefühlt immer frisch und gesund, kochst toll und hast DIE Vorzeigebrotdosen. Deine Kinder dürfen Kind sein und es gibt ganz viel Eis 😍

    Bei dir sieht Kinder-haben so einfach aus 😅 ich finde es großartig. Mach weiter so! 🙂

    Liebe Grüße,
    EsistJuli

  4. Ich glaube, man kann viel verpassen, wenn man „perfekt“ sein will und das ist es ja nun auch nicht wert. Solange alles im Rahmen bleibt ist „unperfekt“ sein erstrebenswert und gut.
    Das Bild von den beiden ist klasse und irgendwie perfekt! 😀 …da ist es wieder passend!

  5. Ich las mal einen Spruch:
    „Die perfekten Mütter sind die, die noch nie Kinder hatten“

    By the way: was glaubt ihr,wer bei uns am meisten die schimpfworte-Spardose füttert.🙈🤫

  6. Zwischendurch bin ich immer wieder zusammen gezuckt und dachte ,wie kann sie über mich schreiben, wo wir uns doch gar nicht kennen😂
    Liebe Ines,
    Es gibt nichts perfektes als unperfekt zu sein😊
    Herzliche Waldgrüße Sabine

  7. Hey Ines!
    Wir sind viele, auch wenn man es nicht glaubt. Ich bin von perfekt genauso weit entfernt wie von meiner ersten Million… Und dann sind da trotzdem diese Menschen, die mir ihre Liebe und Zuneigung bekunden. Nicht nur mit Worten und leeren Phrasen, sondern so richtig in echt. Wobei ich mich anfangs tatsächlich kaum getraut habe, sie zu mir einzuladen, weil ich nie fertig bin (also ich selbst schon, gerne direkt nach dem Aufwachen…) mit diesem Haushalt, in dem wir zu fünft leben. Und das hinterlässt Spuren.
    Lass uns dieses Leben rocken und feiern, wir haben ja kein anderes!
    LG,
    Mombie Melanie

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