11 oder auch 9 Jahre, 6 Monate und 3 Wochen

Heute vor 11  Jahren stand ich das erste Mal in einer mir fremden Wohnung. Es gab dort eine Küche, die besser ausgestattet war als meine. Die Küchenwände waren Apfelgrün und aufgeräumt war es auch. Im Wohnzimmer klebten Wandtatoos an einer roten Wand, ein Sofa stand hinter einem Raumtrenner.

Die gesamte Wohnung roch nach Waschmittel, nicht penetrant, sondern sehr angenehm. Viele Schuhe standen im Flur, einige sahen aus wie neu. Der Besitzer meinte, dass er sich nicht traute diese anzuziehen, weil sie dann nicht mehr so schön aussehen würde; okay. Auf dem Esstisch lagen ein paar Kassenzettel und ein Ordner in dem noch mehr davon zu finden waren.

In dieser Wohnung wohnte ein Mann, mit dem ich vor zwei Monaten mein erstes Date hatte. Wir lernten uns online kennen, auf einer neumodischen Datingplattform. Dort nannte er sich „Small Crumb“, also Krümel. Nach meiner ersten Verwunderung, wusste ich inzwischen was es damit auf sich hatte. An dem Tag von unserem ersten Date kam Krümel über 30 Minuten zu spät, keine Ahnung warum ich gewartet habe. Wir waren Kaffee trinken und danach bei strömendem Regen im Park spazieren. Dort gab es riesige Schaukeln. Während ich meine Beine auf genau Diesen hin und her schwang, stand Krümel mit verschränkten Armen und in Bodyguardpose davor um darauf zu achten, dass ich nicht von diesem klitschnassen Ding abrutsche. Ich datete mich mit einem Mann, der in seinem Internet-Dating-Ding-Profil zu stehen  hatte, dass er keine Kinder haben wollte. Ich aber hatte zu diesem Zeitpunkt eine 6 Monate alte Tochter. Er wusste das. Getroffen haben wir uns dennoch. Kurz vor unserem Date in seinem Zuhause, lernten sich die Zwei kennen. Ich glaube, es war Liebe auf den ersten Blick.

Ich war 24 Jahre alt; Krümel fast 28. Nun, zwei Monate später, am 14.Dezember 2008, stand ich in seiner Wohnung nachdem ich zu Hause ewig überlegte, was ich anziehen könnte. Mein Kleiderschrank sah danach selbstverständlich wie ein Schlachtfeld aus. Wir waren zum Kochen verabredet. Krümel war sichtlich erfreut, dass Lasagne auch ohne Zaubertütchen ganz einfach zu machen ist. Gegessen haben wir nicht am Tisch, sondern auf dem Sofa. Wir sahen uns einen Film an, ich kann gar nicht mehr genau sagen welchen.

Zwischendurch sind wir auf seinen Balkon gegangen . Selbstverständlich war auch dieser aufgeräumt und sogar mit Außenparkett verlegt. Irgendwann sah Krümel in die dunkle Nacht, lehnte sich auf das Geländer, atmete tief ein und sagte: „Sag mal, wenn wir mal meine Freunde treffen, wie soll ich Dich dann vorstellen?“ Ich wusste nicht was mir dieser, scheinbar sehr durchstrukturierter Mann sagen wollte. Hatte er meinen Namen vergessen? Was will der bloß? Krümel merkte schnell, dass da außer ein ähm nicht viel von mir zu erwarten war. Er setzte eine Frage hinterher: Naja, kann ich Dich dann als meine Freundin vorstellen?“ Ich war mir nicht sicher ob ich die Frage richtig verstanden hatte. Denn noch immer sah er in die Nacht und nicht zu mir. Ein sehr skurriler Moment. Ich bat ihn, sich um zu drehen. Er tat dies, sah mir in die Augen und fragte mich erneut. Während er das tat, fragte ich mich erneut warum er sich online Krümel oder Small crumb nannte. An diesem Mann war einiges, allerdings nichts Krümeliges. Er war so ganz anders als ich. Dazu hatte er ein wahnsinnig schönes Gesicht. Eigentlich war alles an ihm schön. Niemand konnte so toll Lächeln, wie er es tat, seine Hände waren weich und er roch fantastisch.

Meine Antwort auf die erneute Frage antwortete ich wieder mit einem Ähm, allerdings gab es einen Kuss und eine Umarmung dazu. Es war ein seltsamer Moment. Magisch irgendwie.

Aus Krümel wurde Simon. Der Mann, der die Vorstellung Kinder zu haben gar nicht mehr so abwegig fand .

Der Mann, der plötzlich und unerwartet eine große Rolle in meinem Leben spielte. Unsere Zeit war oft holperig Und dennoch wurde aus Small Crumb ein ganz neuer Abschnitt in meinem Leben. Aus diesem Mann wurde mein Mann. Der Vater meines zweiten Kindes. Der Ruhende Pol in meinem Chaos.

Unsere Beziehung hielt 9 Jahre, 6 Monate und 3 Wochen. Davon 6 Jahre und 3 Wochen mit Krabbe Kunibert im Gepäck. Wir waren 12 Monate und 2 Wochen verheiratet.

Heute wären wir 11 Jahre zusammen. 11 Jahre Beziehung.

Es gab  Momente in denen ich mich gefragt habe, wie es mir wohl heute gehen würde wenn wir uns nicht getroffen hätten. Oder Was gewesen wäre wenn wir unser Date in der Wohnung mit der Apfelgrünen Küche nicht gehabt hätten. Wie würde es mir jetzt gehen?  Ich hätte so unfassbar viel verpasst, ohne es zu wissen. Rückblickend würde ich nichts anders machen, auch nicht in dem Moment auf dem Balkon.

Liebster Held, Danke dass ich Dich kennenlernen und lieben durfte. Ein knappes Drittel meines Lebens gab es dieses Wir. Danke, dass es Dich gab. Danke, dass du meine Launen tapfer ausgehalten hast. Heute wäre es 11 Jahre. Früher sprachen wir darüber, dass wir unbedingt die 10 Jahresgrenze toppen wollten, weil es sich groß anhört. Und ehrfürchtig. Und Echt. Wir hatten recht mein Held. 11 Jahre ist etwas großes. Etwas Echtes und Ehrfurcht fühle ich auch.

Mach es Dir bunt, mit extra viel Konfetti, Eis mit bunten Streuseln und ganz vielen Luftballons.

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