Ihr Lieben, den folgenden Text muss ich als (unbezahlte) Werbung markieren, da ich Euch von einer Veranstaltung erzählen werde.
Seit mehr als 19 Monaten kämpfen meine Kinder mit kleinen Drachen in ihrem Bauch. Manchmal speien sie Feuer und sorgen für Bauchweh. An anderen Tagen flattern ihre Flügel so dass es kitzelt und die Heldenkinder lachen müssen. Manchmal springen sie in eine metertiefe, wahnsinnig dunkle Pfütze. Dabei bleibt manchmal die Luft weg oder sie vergessen dass sie schwimmen können. Aber nur einen Augeaufschlag später tauchen sie wieder auf, kippen das Matschewasser aus ihren Gummistiefeln um danach Barfuß über eine Wiese zu hüpfen.
Die Heldenkinder wussten dass ihr Papa sterben wird. Ich sprach etwa 2 Wochen vor seinem Tod mit ihnen. Deutlicher als sonst. Dass er krank war, nicht menr richtig gesund werden würde wussten beide Kinder deutlich länger. Der kleine Batman ist mit diesem Wissen aufgewachsen. Allerdings dachte ich nicht, dass es am Ende so schnell gehen wird. Bereits vor seinem Tod waren sie an eine Trauerbegleitung angebunden. Vorbereitet auf das, was da kommen sollte waren sie trotzdem nicht. Wie auch. Auch ich habe es lange Zeit nicht realisieren wollen. In den Wochen vor Simons Tod und die Zeit danach tat ich viele Dinge aus meinem Bauchgefühl heraus. Wir fanden neue Rituale für uns, wir fanden Rituale, die Simon gedanklich bei uns ließen. Ich reagierte situativ auf die Heldenkinder, auf Worte die sie sagten oder nicht sagten. Auf Dinge, die sie taten oder eben auch nicht.

Ich weiß dass viele unseren Umgang mit dem Tod des Helden, seiner Beisetzung, dem Sarg bemalen oder Geburtstagsfeiern im Friedwald schwierig finden. Uns hat es geholfen, bzw. tut es das immer noch.
Ich habe kein psychologisch fundiertes Wissen. Mir fehlen einige Basics und ich bin mir sicher, nicht alles richtig gemacht zu haben. In manchen Situation weiß ich bis heute nicht, wie ich mich richtig verhalten sollte.
Kindertrauer „funktioniert“ anders als die der Erwachsenen. Oft wird sie unterstätzt, weil man die kleinen Menschen eben auch Barfuß über das Feld rennen sieht. Dass die nächste tiefe Pfütze naht wird zu gern übersehen.

Meinen Kindern geht es gut. Ich bin dankbar für die Ressourcen, die sie selbst mitbrachten. Fähigkeiten diesen Verlust zu überleben und trotz allem glücklich sein zu können. Ich erzählte bereits öfter, dass beide Kinder seit Simons Tod wahnsinnig große Entwicklungssprünge gemacht haben. Besonders der kleine Batman ist kaum wiederzuerkennen. Den Kindern war es möglich bestärkt aus dieser schwierigen Situation hervorzutreten, sich von den Pfützen nicht überschwemmen zu lassen. Und das trotz der nahezu täglichen Thematisierung von Simon. Wir haben das große Glück Drei Mapapus unser eigen nennen zu dürfen. Das ist eine art Trauer zu „beGREIFEN“. Die Heldenkinder haben die Stoffpuppen ihre KLamotten angezogen. Die Puppen selbst sind aus Kleidung von Simon genäht. Leo meinte einmal, dass es fast so wäre, als würde er den Papa dadurch berühren können.

Und dennoch habe ich oft keine Ahnung von dem was ich da eigentlich tue. Oder tun sollte. Ab und an werde ich von Kitas oder anderen sozialen Einrichtungen angefragt, wie man Kinder auf den Tod eines Elternteils oder Geschwisterkindes vorbereiten kann. Oder wie sich ein Erzieher nach dem Tod einer Bezugsperson des Kindes verhalten sollte. Was ist zu viel? Was zu wenig?
Ich möchte selbst besser Bescheidwissen. Nicht nur auf mein Bauchgefühl hören, sondern auch etwas input bekommen.
Daher freue ich mich wahnsinnig, dass ich vor kurzer Zeit zu einem Fachtag für Kindertrauer eingeladen worden bin. Organisiert wird dieser Tag von Gundula Göbel und Uli Stöckel.
Die Zwei haben auch ein Kinderbuch zum Thema Trauer geschrieben. An dem Tag der Veranstaltung wird es verschiedene Intensivrunden geben. zum Meinungen- und Erfahrungsaustausch. Es gibt spannende und für mich sehr interessante Referate und Vorträge. Ein Speaker wird Hendrik sein, einer der Gründer von MaPaPu. Auf ihn freue ich mich ganz besonders.
Auf ihrer Homepage könnt ihr einige Infos zu der Veranstaltung und den Tickets sehen, auch welche Intensivrunden es geben wird und welche Vorträge.

Der Fachtag für Kindertrauer findet am 05. Mai 2020 in der Empore in Buchholz gemeinsam mit vielen Partnern aus der Stadt Buchholz den pädagogisch-therapeutischen Fachtag zum Thema „Kindertrauer im Blick“. Geplant sind vier Vorträge und 15 Workshops für ca. 300 Teilnehmer/innen sowie ein Markt der Möglichkeiten mit bis zu 25 Ständen. Bevor ihr suchen müsst; Buchholz liegt etwa 30 km südlich von Hamburg.
Dieser Tag richtet sich an Betroffene Eltern bzw. Bezugspersonen, Hospizdienste, Kinder- und Jugendtherapeuten, Mitarbeiter in Schulen, Kitas oder anderen sozialen Einrichtungen,an Bestatter, Trauerbegleiter und alle Anderen, die dieses Thema interessiert.
Falls Euch diese Thema auch interessiert, ihr selbst betroffen oder Pädagogen seid, ich glaube dass es noch einige Tickets gibt. Vieleicht treffe ich ja Jemanden von Euch, das würde mich freuen. Ich erhoffe mir dort neuen Input um auf meine Kinder besser regagieren zu können. Um besser zu verstehen, was in ihnen vorgeht. Aber auch um auf Anfragen von Kitas und anderen sozialen Einrichtungen noch besser eingehen zu können.

Ich weiß nicht ganz genau was mich erwarten wird, Ich weiß nicht wie sich dieser Tag anfühlen wird. Aber Fachtage wie diese sind so wichtig. Weil es Themen anspricht, die oft nicht wahrgenommen werden. Oder unterschätzt. Eigentlich Beides. Es werden Worte gesprochen, die die Drachen im Bauch und die Pfützen auf dem weg beschreiben. Ich glaube, dass wir Erwachsenen uns von der art der Kinder zu trauen viel abgucken können, wir müssen diese Trauer nur sehen und ernst nehmen. Kein Kind ist zu klein zum trauern. Kein Kind „bekommt das noch nicht mit“ Aber es macht meiner Meinung nach auch keinen Sinn sämtliche Verhaltensmuster eines Kindes auf die Trauer zu beziehen. Denn auch dies passiert in überforderten Einrichtungen gern. Kinder besitzen natürliche Handlungsstrategien, die es zu unterstützen gilt.

Wie auch immer, ich bin dankbar an dieser Veranstaltung teilnehmen zu können. Weil ich glaube dass es es mir helfen wird. Dass es den Heldenkindern helfen wird. Und ich hoffe, dass die Sprachlosigkeit unter den Teilnehmern an diesem Tag ein kleines bisschen weniger wird. Denn das ist das, was meine Kinder in ihrem Umfeld am wenigsten ausgehalten haben.