Warum der Virus auch einsam macht

Jetzt mal Tacheles. Wie macht ihr das? Wir wohnen ja nun zu Dritt, die Heldenkinder und ich. Plus unserem Minizoo. Alleine bin ich nicht. Ganz und gar nicht. Aufgrund der Schulaufgaben und unserem sonstigem „Programm“ dürfte der Tag gern mehr als 24 Stunden haben. Ich telefoniere auch mit anderen Erwachsenen. Aber abgesehen von unseren Nachbarn sehe ich fast nie welche.

Und genau das fehlt mir jetzt mehr als sonst. Wie ihr ja wisst bin ich nun keinen Massenliebender Mensch aber soziale Kontakte mag ich trotzdem sehr. Wenn ich hier mit den Kindern über ihren Schaulaufgaben sitze gerate ich manchmal ins schwelgen. Während der Aufgabenumfang vom kleinem Batman übersichtlich ist, platzt der der Heldentochter aus allen Nähten. Mir tut es Leid, dass ich mich jeden Tag etwa 5 Stunden oder länger mit ihr hinsetzen muss um zum Teil neuen Lernstoff in ihren hübschen Kopf zu bekommen. Nebenbei fordert der kleine Batman Aufmerksamkeit, die Hunde drehen durch oder Ähnliches. Wichtige, arbeitsdinge laufen nebenbei, der Haushalt sowieso.

Ich liebe meine Kinder und bisher klappt alles recht gut und läuft strukturierter als ich es anfangs befürchtet habe. Und dennoch…mir fehlt eine erwachsene Person, der ich erzählen kann, dass ich zunächst das Distributivgesetz googeln musste oder mich vergewisserte, dass das Present Progressiv auch das ist, von dem ich ausgehe dass es das ist. Natürlich nur um es dann der Einhornbändigerin zu erklären ohne selbst mit dem Rücken an der Wand zu stehen. Ich mag es nicht nur erzählen wollen, ich brauche auch das Nonverbale meines Gegenübers. Dass ist etwas, was fehlt. Von Umarmungen und Ähnliches möchte ich erst gar nicht reden.

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Ich bin nicht allein. Ganz im Gegenteil. Aber ich fühle mich… das kann ich gar nicht so genau sagen. Es ist etwas wie „Verlassen sein“ oder so. Zwischenmenschliche Interaktion und so. Daran ändert auch Facetime und co nix.

Ich jammere hier grade auf hohem Niveau. Ich bin mir bewusst, wie wichtig das Eingrenzen von sozialen Kontakten ist. Darum tun wir das so gut es geht auch, ohne uns aber einzusperren. Darf man eigentlich trotzdem sagen, dass diese Coronakriese nicht nur viele Menschen schwer krank sondern auch einsam machen kann? Irgendwie?

Einen Tag, nachdem hier in  Berlin wieder alles aufmachen soll; also Ende April, feiert das große Kind ihren 12. Geburtstag. Wenn sich die Menschen da draußen weiterhin zu Coronapartys treffen oder Ähnliches machen, wird es eventuell nicht so sein, dass am 20. April etwas Normalität, offene Schulen, Kitas und Geschäfte zurückkommen werden.  Das tut mir Leid, da die Einhornbändigerin eine „Partynatur“ ist und ihren Geburtstag gerne  zelebriert. Mit vielen Menschen. Im Mittelpunkt stehend. Rational verstehen beide Kinder unser aktuelles Vorgehen, ohne dabei aber Angst zu haben. Angst vor schweren Krankheiten und Menschen mit Mundschutzdingern haben sie nicht. Weil sie es noch zu gut kennen und es immer noch etwas alltägliches für sie hat. Das Rücksicht auf Schwächere genommen wird, weil man sie mit unschönen Dingen anstecken könnte, wissen sie daher auch schon weit länger als es den Coronavirus in unserem Land gibt. Dies bedeutete auch früher in Kriesenzeiten häufiges Händewaschen, Desinfizieren und keinen Besuch mitbringen, in den Ellenbogen husten und zu viel Körperkontakt vermeiden.Sie wissen dass es Momente gibt, in denen die beste Hilfe ist Abstand zu nehmen. Echte Superhelden schütteln sich immerhin auch nicht die Hände oder quetschen sich in volle U-Bahnen 🙂 Das alles sind Dinge, die ihnen nicht unbekannt sind . Aber…

Was auch die zwei Heldenkinder nicht kennen, ist die fehlende Möglichkeit dem kurz räumlich entfliehen zu können. Auf en Spielplatz zum Beispiel, zum Eisladen oder in die Trampolinhalle. Sie konnten sich draußen mit Freunden verabreden, Wir machten Ausflüge mit Freunden, während der Immunschwache Part unserer Familie zuhause blieb oder in die Klinik musste. Später machten wir diese Ausflüge immerhin noch zu Dritt und wenn es eben nur zum Eisladen um die Ecke war.

Auch die Kinder fangen an, an diesen sozialen Einschränkungen zu knabbern. Dieses nicht mehr wirklich rauskommen um eine Auszeit zu nehmen. Besonders die Einhornbändigerin ist genervt, dass sich  im Moment nicht mit ihren Freunden verabreden kann und sie fürchtet sich vor einem Geburtstag ohne Freunde. Ohne Wirbel. Ohne Zauber. Ohne Feenstaub. Ohne die Omas, Opas und andere Familienmitglieder.

Zum Glück aber ist dieses zauberhafte Mädchen sehr verständig und würde es im Notfall verstehen können. Aber was macht ihr um die Einsamkeit Eurer großen Kinder abzufangen? Also für die Psyche? Für (Fast)Teenager, für die Freunde genauso Familie sind. Wie macht ihr selbst das? Im Kopf?

Wir werden weiterhin zu Hause bleiben. Das steht ganz außer Frage. Und bis jetzt klappt es wiegesagt besser als von mir gedacht. Noch gibt es keinen Lagerkollar. Und ich hoffe diesem auch in den nächsten Wochen entgegenwirken zu können. Einige Ideen habe ich. Aber komplett vermeiden tut es sich vermutlich nicht.

Wir reden oft über Dinge, die wir tun wollen, wenn die Kriese überstanden ist. Und dass, wenn nun alle zusammenhalten dies auch schneller geschehen wird. Dass wir, wenn wir uns alle daran halten im Sommer wieder an den See fahren können. Oder in die Eisdiele. Am besten beides an einem Tag.

Ein Telefon ist zwar nur die Notlösung, aber immerhin besser als nix. Ruft doch regelmäßig Eure Eltern, Großeltern und Freunde an. Damit auch sie sich daran erinnern, dass es ein „Danach“ geben wird. Ein „Danach“ in dem ihr Euch treffen werdet, Umarmen könnt und den leckeren Kaffee oder das Eis mit bunten Streuseln auch wieder im Cafe um die Ecke zusammen genießen könnt.

4 Gedanken zu „Warum der Virus auch einsam macht

  1. ich lebe alleine, mache jetzt homeoffice, sämtliche Aktivitäten, die ich sonst jeden Tag nach Feierabend mache, sind gecancelt, direkte Sozialkontakte somit weggebrochen. Kommuniziere jetzt viel via messenger etc – treffen geht ja nlcht mehr – schon nach 5 Tagen bekomme ich einen Lagerkoller – da muss ich jetzt durch 🙃ich strukturiere aber meinen Tag und sitze auch nicht im Pyjama im homeoffice – statt morgens zum Bus gehe ich kurz um den Block (natürlich allein und Abstände einhalten, ist aber eh niemand zu Fuss unterwegs). Abends sporte ich allein, Bewegung muss sein.

  2. Nehmt euch doch vor, eine kleine Sieges-Party zu feiern, wenn alles überstanden ist, weil ja schließlich jeder dazu beigetragen hat.. Und es ist ja tatsächlich so, Dinge , auf die man länger verzichten musste, erscheinen später umso wertvoller….

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