Heute schreibt die Einhornbändigerin wieder für Euch. Es ist kein Geheimnis, dass wir in einer Patchworkkonsterlation lebten. Simon kam in mein Leben als das große Mädchen 6 Monate alt gewesen war. etwas mehr als einen Monat später lernten sich die Zwei kennen. Was die Einhornbändigerin dazu sagen mag. Wie immer gilt; der Text entstand an mehreren Tagen, von mir gab es ab und an eine Formulierungshilfe auf Nachfrage. Die Fotoauswahl ist vom großen Mädchen selbst.
Hallo ihr da draußen vor den Computern oder dem Smartphone oder was immer ihr benutzt. Heute schreibe ich Euch wieder um von meinen Papas zu erzählen. Ich habe nämlich zwei. Ja, wirklich wahr.
Mein erster Papa, oder Papa 1 ist mein echter Papa. Ich habe die dicken Haare von ihm geerbt. Aber nicht die Farbe. Mama meint auch, dass ich ziemlich ähnlich laufe wie Papa. Seine Nase hab ich auch. Und ich kann ein bisschen programmieren und so Computerzeug. Mama kann das nicht, Papa dafür umso besser. Und noch viele andere Dinge
Mama und Papa haben sich schon kurz vor meiner Geburt nicht mehr so gut verstanden und oft gestritten. Danach auch. Beide haben mir gesagt, dass ich nicht der Grund war. Sondern, dass es ein Problem zwischen Denen war. Und sie haben gesagt, dass es dann manchmal besser ist nur noch befreundet zu sein und keine Mann-Frau-Sache mehr zu haben.

Für mich ist das völlig normal. Ich kenne das gar nicht anders. Meine Eltern haben noch nie Beide mit mir zusammengewohnt. Das war immer okay. Immerhin kann ich jedes Jahr zwei Mal Weihnachten feiern. Oder meinen Geburtstag. Oder Ostern. Im Kindergarten habe ich irgendwann gemerkt, dass andere Eltern zusammen wohnen. Ich fand das erst komisch. Dann war es okay. Bei Papa habe ich mein fast eigenes Zimmer. In meinem Zimmer dort steht auch sein superhohes Hochbett. Aber immer wenn ich da bin, schläft er im Wohnzimmer. Zumindest seit dem ich größer bin und das so möchte. Ich hab da meinen Schreibtisch, Spielzeug, Bücher, einen Kleiderschrank und auch sonst alles. Papa hat Katzen. Mama kann keine haben, weil sie eine starke Allergie hat. Dafür mag Papa Hunde nicht so. Ich mag beides. Und ich hab Beides. Bei Mama die Hunde und bei Papa die Katzen. Super praktisch.Außerdem gibt es bei Papa Dinge, die es bei Mama nicht gibt. Einen Park mit vielen Eichhörnchen zum Beispiel.

Simon ist schon immer mit Mama zusammen gewesen. Also seit dem ich mich erinnern kann. Am Anfang wohnte er aber nicht bei uns, wir sind irgendwann, da war ich fast 5 alle zusammen in unser neues zu Hause gezogen. Da gab es dann schon meinen Bruder. Vorher hat er für ein paar Monate in Mamas und meiner Wohnung mit gewohnt. Leider war er da schon krank und hatte keine Haare mehr.
Ich konnte den Namen „Simon“ nicht aussprechen als ich noch kleiner war, darum hab ich da Momo draus gemacht. Den Namen hat er behalten bis er gestorben ist. Ich weiß noch, dass Mama immer nur meinen Papa1 auch Papa genannt hatte. Und Simon war eben Momo. Ich weiß darum schon immer, wer mein Blutspapa ist.
Als Momo das erste Mal Krebs hatte, hatte ich Angst. Auch wenn er nicht mein Blutspapa war, hatte ich den wirklich lieb. Ganz schön doll. Als ich schon in der Schule war, ich glaube in der 2. Klasse habe ich irgendwann ausversehen Papa zu Momo gesagt. Mir war das peinlich, ich weiß aber noch das Simon lächelte. Mir ist das irgendwann immer öfter passiert. Und dann hab ich Simon irgendwann gefragt ob es okay wäre, wenn ich ihn so nenne. Momo sagte, dass er sich freuen würde, ich ihn aber immer so nennen kann, wie ich es möchte. Wenn wir uns gestritten haben oder ich aufräumen sollte hab ich dann immer Simon gesagt. Sonst meistens Papa oder Momo. Weil irgendwie fühlte es sich auch so an, als wäre er mein Papa. Nicht wie mein Blutspapa. Anders und doch wie ein Papa. Ich kann das gar nicht richtig erklären.

Als ich drei Jahre alt war, wurde ich getauft. In Bayern. Da da meine und Papas Familie lebt. Und alle von Denen genau dort getauft worden sind. Mama und Momo waren auch dabei. Meinen Bruder gab es noch nicht. Ich weiß noch und ich sehe auf Fotos, dass ich ein tolles weißes KLeid anhatte.

Als ich in die Kirche gelaufen bin, hatte ich an der einen Hand meinen Blutspapa und an der anderen Hand Momopapa. Vor zwei Jahren hatte ich meine Erstkommunion. Momo-Papa, Mama und mein Bruder sind nicht getauft. Ich bin jedes Jahr immer abwechselnd an Weihnachten bei Mama oder Papa. Ein Jahr war ich bei Mama, das nächste dann bei Papa. Und auch sonst sehe ich meinen Papa ganz oft. Ab und zu tauschen meine Eltern die Tage, wenn einer von Beiden nicht kann oder irgendwas ansteht. Oder auch wenn ich spontan irgendwo sein will. Meine Eltern verstehen sich ganz gut glaub ich. Papa hilft Mama auch hier im Blog, er macht die Sachen, die sie nicht kann. Ich weiß auch, dass die fast täglich telefonieren. Wenn es zum Beispiel um meine Schule geht, sprechen sie sich immer ab . Das ist manchmal echt blöd, Beide wissen immer alles. Es sei denn ich erzähle ein Geheimnis. Achso und auch für meinen Bruder gehört mein Blutspapa irgendwie dazu. Der kennt es ja auch gar nicht anders. Wenn mein Papa mich zum Wochenende abholen kommt, kaut mein Bruder ihm oft ein Ohr ab. Zuhause bei Mama oder auch bei meinem Blutspapa haben wir übrigens nie gesagt, dass wir Halbgeschwister sind. Momopapa sagte oft, dass er zwei Kinder hätte. Und ich hatte dann zwei Papas. Und eine Mama. Und einen echten Bruder, nicht nur Halb. Geschwister sind doch Geschwister, oder? Wie kann man denn nur zur Hälfte Geschwister sein?

Damit ich das nicht immer irgendwo erklären muss, sage ich seit zwei Jahren, dass mein Stiefvater gestorben ist. Mein Blutspapa aber nicht. Sonst benutzte ich das Wort „Stief“ auch nicht. Aber manchmal ist es für meine Freunde oder in der Schule, wenn ich etwas über meine Familie schreiben soll, schwer zu erklären.
Auch wenn Simon nicht mein Blutspapa war, war er doch mein Papa. Er war ja schon immer da. Und ich war genauso traurig wie mein Bruder.
Mein Blutspapa weiß dass ich Simon auch Papa genannt habe. Ich glaube, dass das bestimmt auch doof für ihn war, aber dann hat er es mir nicht gezeigt. Als Mama mir erzählt hat, dass Simon gestorben ist, hatte sie meinen Papa 1 gefragt ob er auch dabei sein kann. Ich glaube, dass sie sich alleine nicht getraut hatte. Ich weiß noch, dass ich bei diesem Gespräch zuerst nach meinem Bruder gefragt habe, weil er jetzt ja gar keinen Papa mehr hat. Dann habe ich geweint. Ich habe aber auch doll aufgepasst, nicht die ganze Zeit Papa zu sagen, wenn ich über Momo gesprochen habe. Weil mein Blutspapa ja neben mir gesessen hatte. Ich hab zwar früher schon zu Beiden Papa gesagt, aber nicht so oft in so kurzer Zeit wenn mein Papa1 neben mir war. Das war immer merkwürdig. Ich hatte beide Papas lieb. Da hatte ich ein schlechtes Gewissen. Mein Blutspapa hat das wohl gemerkt und mir gesagt, dass das okay ist. Dass er weiß, dass Simon für mich wie ein zweiter Papa ist. Und dass ich ihn ruhig so nennen kann.

Ich fand es immer toll zwei Papas zu haben. Ich wusste immer wer mein „echter“ Papa war, aber Momo war es trotzdem irgendwie auch. Ich habe eine Freundin, da haben sich die Eltern auch getrennt. Sie sieht ihren Papa nie. Ich verstehe das gar nicht und finde das wirklich schade.
Ich finde auch nichts Schlimmes daran, dass durch Momo-Papa auch noch mein Bruder zur Welt gekommen ist. Ohne wäre es doch viel langweiliger. Ich kenne Mama nur mit Momo-Papa als Mann. Das war schön. Mein Bruder meinte irgendwann Mal, dass doch jetzt mein Papa 1 bei uns einziehen könnte. Immerhin gehört Papa 1 auch zur Familie. Mama, mein Blutspapa und ich aber sehen das aber anders. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es wäre wenn meine beiden Eltern in der gleichen Wohnung wohnen würden. Und dann streiten die bestimmt. Das tun die die jetzt nämlich nicht. Ich kann Beide oft sehen. Auch meine Onkel, Tanten und Großeltern in Bayern besuche ich oft. Ich hab nämlich sogar eine Uroma.

Es klappt doch alles gut. Bei Papa sind manche Regeln anders als bei Mama. Das weiß ich und mag diese Abwechslung. Und auch wenn ich meinen Bruder echt lieb hab, bin ich manchmal ganz froh ein paar Tage ohne ihn sein zu können um in Ruhe chillen zu können. Na gut, dann vermisse ich den wieder und freue mich ihn wieder zu sehen. Aber das dürft ihr ihm nicht verraten.
Das Leben mit zwei Papas, einer Mama und einem Bruder klappte wirklich gut. Ich weiß gar nicht was Andere daran so merkwürdig finden. Das war dann ein Erwachsener mehr, der für mich da war. Ich weiß nicht was daran kompliziert oder schlimm sein soll. Ich finde es eher komisch, wenn sich Eltern nicht um ihre Kinder kümmern, weil sie sich getrennt haben. Das ist doch merkwürdig, oder?
So long, ich muss jetzt englisch lernen.. Eure Einhornbändigerin.

Ein kleiner Nachtrag von Mama…
Der Anfang in diesem Patchworkprjekt war etwas holperig. Unsere Ausdauer aber lohnte sich. Allerdings war Papa 1 immer sehr entspannt mit Momo. Die Beiden kannten sich selbstverständlich gut und verstanden sich auch. Zur Taufe waren wir tatsächlich alle. Auch sonst gab es Momente, in denen wir alle zusammen unterwegs waren. Auf der Beerdigung meines Mannes waren sowohl Papa 1 als auch seine Mama. Papa 1 und ich sind nach wie vor nicht immer einer Meinung, das müssen wir aber auch nicht. Wir sprechen uns in sämtlichen Belangen, die das Kind betreffen ab. Das funktioniert ganz wunderbar. Wir telefonieren wirklich oft, teilweise täglich. Aber auch das war am Anfang nicht immer so. Wir trennten uns, schafften es aber Eltern zu bleiben. Außerdem helfen wir uns Gegenseitig auch da, wo es geht. Unabhängig von dem Kind. Papa 1 ist mein Administrator hier. Ich helfe dafpr in anderen Belangen. Der kleine Batman findet es manchmal gemein, dass er nie zwei Papas hatte. Und jetzt gar keinen mehr. Papa 1 und ich sind Freunde geworden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich falle oft in dieses Klischeedenken anderer Leute, wenn ich sage dass ich zwei Kinder von zwei Vätern habe. Und kein Vater mehr da ist. Daher eine Bitte; wenn Euch Jemand begegnet, der möglicherweise auch 2, 3, 4 oder mehr Kinder von unterschiedlichen Partnern/Partnerinnen hat…Das hat immer mehrere Seiten. Niemand weiß, was irgendwann Mal geschieht. Vorurteile sind verständlich aber oft nicht angebracht. Wirklich.
Liebe Einhornbändigerin… du hast das sehr schön geschrieben. Deine Mama kann stolz auf dich sein. 🎈🎈
Liebe Einhornbändigerin, Du hast eine schöne Art zu schreiben. Du erklärst alles so, dass man es nachvollziehen kann, auch wenn man Euch noch nicht so lange kennt. Ich lese Euch jetzt schon eine ganze Weile und bin beeindruckt, wie Ihr und Eure Mama das alles so wuppt. Ich freue mich immer Neues von Euch zu lesen und fand auch Deine Backtips ( jetzt schon länger her) wirklich toll. Mach weiter so, Ich bin gespannt darauf wieder etwas von Dir zu lesen.
Wirklich toller Text. Richtig schön und verständlich geschrieben und so auf den Punkt! Ganz toll, ehrlich!
Schön, dass es bei euch mit dem Patchwork (inzwischen) so gut klappt und du hast ganz recht: Eltern, die sich nicht mehr kümmern, „nur“ weil sie sich getrennt haben, finde ich auch merkwürdig!
Liebe Grüße,
EsistJuli
Toll geschrieben 😊✊🏽