Eigentlich habe ich unsere „Hochzeitstage“ nur bis zur 25 gezählt, bzw. am Anfangen taten wir das noch. Weil wir Silberhochzeit feiern wollten, feierten wir unseren Hochzeitstag einfach monatlich. Als wie Angst bekamen, dass es auch auf diesem Weg nicht mehr bis zur 25 reichen könnte, versprachen wir uns, dass ich diesen Tag alleine weiter „feiern“ werde. Monat für Monat, bis zur 25. So kam es dann auch. Unseren 13. „Hochzeitstag“ verbrachte ich bereits ohne Dich.
Die letzten Monate kam es vor, dass ich den 24. eines Monats gar nicht richtig realisiert habe. Ab dem 24. Juli 2019, das wäre unsere „Silberne Hochzeit“ gewesen, hörte ich mit dem zählen auf.
Letztes Jahr im Juli fühlte ich mich noch irgendwie verheiratet. Irgendwie ein bisschen. Der Ring an meinem Finger sagt mir auch dieses Jahr, dass da etwas gewesen war. Aber so wirklich verheiratet fühle ich mich nicht mehr. Weil ich es nicht bin. Geliebter Held, es tut mir Leid, das so sagen zu müssen, aber weißt Du…Diese Verbundenheit zu Dir wird nicht verschwinden, das Gefühl eine verheiratete Frau zu sein hingegen schon.

Heute erinnerte mich Facebook daran, dass wir vor zwei Jahren Glückwünsche zu unserem 4. „Hochzeitstag“ bekommen haben. Zeitgleich schnappte sich der kleine Batman dein altes Handy aus dem Schrank und versuchte es einzuschalten. Da ich erst vor kurzem alle Altgeräte hier durchprobiert hatte, war Dein Telefon zum Teil aufgeladen. Er versuchte den Pin einzugeben, scheiterte und Dein Telefon wollte den PUK. Da erst realisierte ich, dass da noch eine Simkarte drin sein musste. Nachdem die entfernt war, wollte das Telefon immerhin kein Endspeercode. So wie Dein Anderes, welches ich dadurch bis heute nicht richtig anschalten lässt. Ich wusste welche Daten Du auf diesem Handy hattest und meinte zu unserem Sohn, dass er es haben könnte wenn er alt genug für ein eigenes Telefon wäre. Die Idee fand er ganz großartig.
Wie ich grade sagte, ich weiß was auf diesem Telefon zu finden ist und sah es mir in einer ruhigen Minute selbst nochmal an. Du bist zu sehen. 2 Tage bevor Du ins Koma gelegt worden bist. 3 Tage bevor ich die Sensenfrau gespielt habe und entschied, dass die Behandlung eingestellt wurde. Du bist zu sehen. 4 Tage bevor Du gestorben bist. Ein Video. Du sagst nichts, liegst seitlich im Bett und guckst in die Kamera. 44 Sekunden lang. Es ist fast schon merkwürdig, dass dieses Video genau heute in meine Hände kommt. Ich sehe auch, dass Du einen Tag zuvor noch eine SMS an mich schreiben wolltest. Es ist ein wirr warr aus Buchstaben, aber irgendwo dazwischen steht dass Du mich liebst.

Heute wäre unserer 40.kleiner Hochzeitstag. Das wären 40 Monate oder 174 Wochen oder 3 Jahre und 4 Monate der gleiche Nachname. Heute Morgen bin ich aufgewacht und hatte sofort ein komisches Gefühl im Bauch. Ein schlechtes Gewissen. Plötzlich war es da. Plötzlich dachte ich daran, dass Du die letzten Nächte zu Hause alleine in Deinem Bett geschlafen hast. Weil ich nicht mehr neben Dir liegen konnte. Ich dachte auch daran, dass Du in der Klinik alleine in Deinem Bett geschlafen hast. Und ich erinnerte mich an die ersten Gedanken als klar war, dass Du genau dieses Klinikbett nicht mehr verlassen wirst. „Ich werde nie wieder mit Dir in einem Bett schlafen“ Für mich war das damals absolut surreal, dieser Gedanke dass das jetzt immer so sein sollte. Ich hatte damals ein schlechtes Gewissen. Und Heute Morgen. Ohne überhaupt zu realisieren, dass Heute der 24. eines Monats ist. Facebook musste mich daran erinnern.
Heute nehme ich dieses Datum ganz bewusst war. Viel, viel mehr als in den letzten vielen, vielen Monaten. Ich kann Dir gar nicht sagen warum das so ist. Und heute ist auch kein Tag an dem ich mich daran zurück erinnere was für eine unfassbar geile (sorry) Hochzeit wir hatten. Heute ist ein Tag, der einfach weg kann. Ich fühle mich nicht mehr verheiratet und trotzdem ist es Heute so richtig oll. Da hilft mir auch die Tatsache nicht, dass es morgen vermutlich wieder besser sein wird. Ich kenn das ja. Aber heute werde ich getriggert, bereits den ganzen Tag ohne dass ich benennen kann wodurch. Es ist nicht dieses Datum, denn das habe ich erst bewusst wahrgenommen als ich mit schlechtem Gewissen und semi gelaunt aufgestanden bin. Es ist nicht dieser kleine Film auf Deinem Handy, auch den sah ich erst als es sowieso schon doof war.

Liebster Simon, heute fehlst Du. Heute klopfte das Trauermonster an die Tür und macht mich absolut rastlos. Und träge. Alles Gleichzeitig. Heute setzte ich nicht einen Fuß vor den Anderen. Heute stolpere ich. Heute hänge ich durch und wünsche mir, dass endlich morgen ist.
Und Morgen steh ich wieder auf.
Mach es gut da oben auf Deiner Wolke. Feier „unsere 40“ okay? Ich setze dieses Mal einfach aus. Ich denk an Dich.
❤️