Website-Icon Weg ins Leben 2.0

Ich ergebe mich

eNach den letzten Posts erreichten uns viele Kommentare und Nachrichten. Unter Anderem kam auch die Frage, wie es dem Helden geht, da ich vorrangig über meine Gedanken und Ängste schreibe. Dazu möchte ich kurz etwas erklären.
Zum einen schreibe Ich als Angehörige diesen Blog. Es sind einige unter Euch, die ebenfalls Lieblingsmenschen haben, die einen Kunibert in sich tragen. Vor Allem für Euch ist dieser Blog. Mir hilft es manchmal zu wissen, dass ich nicht alleine bin.
Zum Anderen redet der Held nicht gern über sein Inneres, und noch viel weniger gern in der Öffentlichkeit. Es sei nur so viel gesagt…es geht ihm nicht gut. Wie soll dass im Moment auch gehen? Seine Schmerzen sind immer noch da, aber sie sind nicht mehr so stark. Die Medikamente machen etwas müde, sorgen für kribbeln in den Beinen und wenig Geschmackssinn. Psychisch…ist auch unserem Helden seit einer Woche wieder bewusst geworden, wie sehr Kunibert unsere Familienzeit einschränkt. Auch ihm ist bewusst, dass eine haploidente Sammzelltransplantation (Stammzelltransplantation mit Stammzellen der Eltern/Kinder; passen nur zu 50%), die eventuell Ende des Jahres folgen wird, ein enormes Risiko dar stellt und die Warscheinlichkeit gegeben ist, dass… ach lassen wir das.IMG-20171101-WA0032
Unser Held weiß aber auch, dass der Suchlauf nach einem geeignetem, zu 100 % passenden Spender immer noch läuft und noch nicht von der Klinik gestoppt worden ist. Eine allogene Transplantation (Stammzellen vom Fremdspender) ist eigentlich inzwischen ausgeschloßen, weil dies zu Risikoreich und wenig erfolgsversprechend ist. Warum aber dann die haploidente. Ich denke, dass letzteres nur der Notausgang sein sollte, und eine allogene Transplantation trotz des Risikos doch noch möglich wird, wenn denn endlich der passende Spender gefunden wurde.
Nicht nur ihr findet das gerade verwirrend, unser Held ebenfalls. Er gibt nicht auf, aber ihm/uns ist bewusst, dass die Zeit für uns immer schneller davon rinnt und dass wir uns im Moment auf einem weg befinden, den wir nicht gehen wollen. Es geht ihm also nicht gut. Vielleicht bekommt ihr bald ein Interview zu lesen, ich versuche ihn mal zu überzeugen.
Ich bin an einem Punkt angekommen, an dem ich aufgebe. Ich ergebe mich Kunibert. Ich versuche zu aktzeptieren dass dieses Krabbentier mir meinen Mann, den Helden nehmen wird. Ich versuche zu aktzeptieren, dass keine Heilung möglich ist. Anstatt mich immer wieder mit alternativen Heilmethoden, Behandlungen und Studien auseinander zu setzen, auf Prognosen zu bauen und „Alles wird gut“ Reden zu lauschen, wollen wir unsere verbleibende Kraft in Zukunft in anderes investieren. In schönere Dinge. Wir werden versuchen unsere Bucket List weiter ab zu arbeiten, noch einmal in den Urlaub zu fahren, wir wollen den Kindern wünsche erfüllen und dafür sorgen, dass sie ihren Papa nicht nur Krank und ohne Haare in Erinnerung behalten.
Wir haben Glück, unser Held ist noch bei uns. Die Schmerzen werden besser und er möchte auch wieder arbeiten gehen. Solange es gesundheitlich irgendwie machbar ist wollen wir unser Leben nicht von Prognosen, Statistiken und Medikamenten abhängig machen, die am Ende doch nicht helfen. Wir wollen rocken, leben und Dinge schaffen, die uns keiner nehmen kann.
Ich gebe auch auf, alles allein schaffen zu wollen. Mir fehlt die bekannte „starke Schulter“, es gibt kaum einen Ort an dem ich wirklich frei reden kann. Diesen Ort schaffe ich mir nun selbst und suche mir professionelle Hilfe. Ich kann anders einfach nicht mehr weitermachen.
Seit knapp 6 Jahren lebt Kunibert mit uns und inzwischen ist er so mächtig geworden, dass ich Hilfe brauche. Mir graut es vor der Zeit, die da noch auf uns zukommen wird. Ich will aber mir durch diese Gedanken aber auch nicht das „Jetzt“ kaputt machen. Wir haben nur das Jetzt, was Morgen sein wird kann uns Niemand sagen. Ich will diese Zeit wieder nutzen können, ich wünsche mir wieder an unserer Bucket List arbeiten zu können.
Wir geben aber nicht auf Kunibert den Mittelfinger zu zeigen. Im Moment geht die Tendenz zur Transplantation, welche auch immer. Wenn unser Held diesen Schritt nicht gehen würde, befürchten wir es hinterher zu bereuen. Im nächsten Gespräch mit dem Chefarzt werde ich erneut die Frage stellen, was passieren würde, wenn ein Wunder geschieht und der passende Spender noch gefunden wird. Der Suchlauf läuft schließlich noch.
Wir geben nicht auf die DKMS zu unterstützen, denn es gibt viel zu viele Familien, wie uns. Und ich gebe nicht auf, darauf zu hoffen, dass schon morgen der ersehnte Anruf kommt.
Oberstes Ziel ist Im Moment Normalität, schöne Dinge erleben und dankbar dafür zu sein, dass wir überhaupt noch die Möglichkeit dazu haben zusammen sein zu können. Unser Bett ist warm, das Dach über unseren Köpfen ist sicher, unser Kühlschrank ist voll. Unsere Kinder müssen keinen Hunger leiden, haben saubere Kleidung und können ihrem Papa jeden Abend gute Nacht sagen. Viele Andere haben dieses Glück nicht.
Ich versuche mich darauf zu konzentrieren was wir jetzt haben, ich hoffe dass wir es noch eine Zeit lang haben werden. Ich vergesse nicht, was noch kommen wird, aber ich bzw. wir wollen unser Leben nicht davon bestimmen lassen.
Und im Grunde sitzen wir doch alle in einem Boot. Jede Sekunde bringt uns dem Tod näher. Das ist bei Jedem von Uns so. Genießt die Zeit, die ihr habt, versucht Euch nicht von grusligen Momenten lenken zu lassen und rockt, rockt um Euer leben.
Die Einhornbändigerin wird bald 10, dass gilt es nun zu feiern. Daran sollte auch Kunibert nichts ändern. Nicht Heute, nicht Morgen, gar nicht. Die Heldentochter wünscht sich  wieder viele bunte Karten, habt ihr Lust mir zu helfen ihr diesen Wunsch  zu erfüllen?

 

Die mobile Version verlassen