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Gefühlskarussell

Am Donnerstag waren der Heldenbruder, der kleine Batman und ich im Friedwald. Wir haben den Heldenbaum gesucht und zum Glück auch gefunden.

Geworden ist es eine ca. 150 Jahre alte Buche, mächtig, stark und wunderschön. Es ist ein Familienbaum mit 14 Plätzen darunter. Meinen Platz habe ich bereits reserviert, die der Lieblingsmenschen folgen noch.  Der kleine Batman war ganz fasziniert von diesem Wald. Alles wirkte friedlich, durch die Baumwipfel pressten sich die Sonnenstrahlen. Der Heldenbaum wurde förmlich angestrahlt. Die Wurzeln sind mit Moos bewachsen. Direkt neben Simons Baum steht ein alter Baumstumpf, der auch von Moos umzingelt ist. Er sieht fast aus wie ein kleiner Hocker.

Ich faste den Baum an, ganz oft. es war fast so, als könnte ich Simon berühren. ein magischer Ort, ich denke dass wir ein neues Ausflugsziel haben. Der kleine Heldensohn plante schon das erste Picknick, einen Hügel um im Winter dort mit dem Schlitten hinunter zu fahren hat er auch gefunden.

Wir haben uns sofort alle in diesen Baum verliebt. Ich kann gar nicht genau sagen warum. Allerdings lag er über dem Budget, dass aber spielte keine Rolle in diesem Moment. Ich kalkulierte noch vor Ort mehrfach alle Kosten durch und sagte zu. Ich/ wir wollten diesen Baum. Simon soll seinen Baum bekommen und keine Notlösung.

Simons Geheimkapsel, die Urne trägt ein Ginkoblatt und ist biologisch abbaubar. In etwas zwei Jahren wird sie verschwunden sein. Die Heldenasche wird dann zu einer Art Nährstoff für den Baum. Mein geliebter Mann wird also ein Teil des Baumes. Und Bäume werden alt, sehr alt. Ich bin mir sicher, dass er jedes Unwetter überstehen wird. Das ist tröstlich irgendwie.

Es war ein wirklich schöner Moment, wenn auch sehr merkwürdig irgendwie. Zuhause plane ich die Musik für Simons Abschiedsparty, die Gäste und alles andere was dazu gehört. 

Der kleine Batman trug an diesem Tag übrigens ein T-Shirt von Simon. Aus einer Männer L wurde eine Kindergröße 122… Danke liebste Zauberin fürs umnähen.

Der Heldensohn meinte zu Hause, dass der Wald aussehen würde wie ein Zauberwald in dem Einhörner wohnen. „Vielleicht haben wir Glück und Papas Baum wird von einem besucht“ Ja, wer weiß, möglich ist alles.

Zuhause bastelte ich an der Bildcollage, die während der Beisetzung zu sehen sein wird. Immer wieder kuckte ich mir alte Fotos an, heute vor einem Jahr zum Beispiel waren wir im Urlaub an der Ostsee und haben den Erdbeerhof besucht. der kleine Batman grillte Marshmallows , Simon und ich haben Kuchen gegessen und zusammen sind wir alle Traktor gefahren.  Dieses Jahr wollten wir das wiederholen, naja. Dann machen wir es zu Dritt, aber nicht zu zeitnah, das pack ich nicht.

Wenn ich mir diese Fotos ansehe vermisse ich, ich muss oft lächeln, aber ich vermisse. Oft gehe ich danach zu unserem Boxsack, da klebt die letzte Auswertung der Lambda Leichtketten, also Kunibert dran. Ich schlage auf dieses Mistding ein, als gäbe es keinen Morgen.

Letzte Nacht konnte ich nicht schlafen, stattdessen wuselte ich im Haus umher und räumte im Keller rum. Auch sonst scheine ich gerade eine Art Nestbautrieb zu haben. Der Keller ist bald fertig, da soll irgendwann später eine Tobeecke rein. Ich muss nur noch Wen finden, der sowas bauen kann. Die Eihornbändigerin hat einen neuen Schreibtisch bekommen und der kleine Batman heute ein neues Hochbett, ein richtig hohes, so passt auch in das Minizimmer ein Schreibtisch rein. Second Hand sei Dank ist das möglich. Ich sortiere Deko aus, allerdings nur meine. Manchmal finde ich dabei Schätze, wie diese hier. DAnke, liebster Held, dass Du mich noch immer zum Grinsen bringen kannst. An die Jenigen, die Simon kennen, wie alt war er da circa?

Irgendwie versuche ich das Haus zu verändern, ohne mich dabei von Simons Dingen zu trennen. Seine Bücher stehen im Wohnzimmerregal, seine Star Wars Dinge auch. Seine Klamotten liegen im Schrank, seine Schuhe stehen im Flur. Seine Jacken hängen am Haken. Im Schlafzimmer liegt seine Decke immernoch genauso zrückgeschlagen, wie an dem letzten Morgen als er hier bei uns aufgestanden ist. Daneben liegt eine Chipstüte, warum auch immer. Aber sie liegt immer noch da. Seine Zahnbürste steht neben meiner und ab und zu schütte ich etwas von seinem Duschgel unter die laufende Duschbrause, damit das Haus nach ihm riecht.

Der kleine Batman wird jeden Abend sehnsüchtig. Tagsüber ist er zur Zeit sehr überdreht, es ist schwierig ihn zu bremsen.

Immer wenn ich ein schönes Foto von ihm mache oder ein Foto von den Veränderungen im Haus bin ich kurz davor es Simon aufs Handy zu schicken. Dann aber schreit mich mein Hirn an „Du bist ja irre, das bringt doch nichts“ und ich tu es nicht. Noch immer habe ich nicht realisiert was da eigentlich geschehen ist.

Ich sehe mir unser letztes gemeinsames Foto an. Wir haben es am Vormittag vom 1. Juli gemacht. Drei Tage später lag Simon im künstlichen Koma.

Simon fehlt immer und überall. Beim Frühstück bleibt ein Platz leer, Wenn die Hundehaare als Knäule durch das Wohnzimmer rollen, fehlt der gequälte Gesichtsausdruck. Es fehlt das Lachen, wenn ich ständig auf der Suche nach etwas bin und es fehlt der warme Körper abends auf dem Sofa. Über Tag schaffen wir es hin und wieder recht gut uns abzulenken, aber sobald es Abends wird…naja, what ever.

Ich habe großen Respekt vor der Beisetzung. Noch knapp zwei Wochen, dann ist es soweit. Ich fürchte mich und gleichzeitig glaube ich, dass es ganz schön werden wird. Ich hoffe, dass ich alles so vorbereite, wie es Simon sich gewünscht hat. Ich versuche unser Leben wieder ins Rollen zu bringen, denn ich bin mir sicher, dass er sich auch das wünschte.

Heute telefonierte ich mit der Heldenmama, wir redeten kurz über Simon. Nach wie vor bin ich dankbar, dass der Heldenkopf am Ende nicht mehr so klar gewesen ist. Für mich war das sehr anstrengend, aber für Simon eigentlich das beste was ihm hätte passieren können. Er ahnte nicht was da auf ihn zukommen wird. Zwei Tage vor seinem Sieg über Kunibert, vor seinem Tod sagte er noch, dass er morgen mit dem Arzt über die Entlassung sprechen wird. Er hatte oft Angst in den letzten Wochen, aber nicht vor dem Tod. Er hat ihn nicht kommen sehen, da bin ich mir recht sicher.

Es gibt Tage, an denen ich liebe Menschen um mich habe. Es gibt Tage an denen wir lachen, es gibt Momente, besonders die an denen ich etwas zusammen baue, und ich fast erleichtert bin, dass sich Simon dieses Drama in mehreren Akten nicht mit ansehen muss.

Bald kommt die Einhornbändigerin wieder nach Hause, endlich. Es wird Zeit. Wir sind dann endlich wieder vollständig. Wir drei hier unten und unser Himmelsheld dort oben, zwischen den Wolken.

Rock den Himmel mein Held. ich lieb Dich.

#luftballonsfürsimon

 

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