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Heute ist Dienstag

Heute ist Dienstag. Heute vor vier Wochen wurde selbst mir bewusst, was in naher Zukunft passieren wird. Heute vor vier Wochen habe ich das letzte Mal mit Engelszungen auf unseren Helden eingeredet, dass er doch vielleicht auch anderen Besuch außer mir zu ihm lassen soll.

Heute ist Dienstag, aber ein anderer Dienstag als der vor 4 Wochen. Heute ist es so wahnsinnig heiß, dass der kleine Batman am liebsten den ganzen Tag im Pool verbringen möchte.

 

Vorher bauten wir ein Zelt im Garten und legten eine Wasser-Matsch-Pampenspur im Sandasten. Eis gibt es immer noch jede Menge, allerdings aus unserem Kühlschrank, wir müssen unbedingt mal wieder zur Eisdiele gehen.

 

Vor vier Wochen hauchte unser Held durch seine Sauerstoffmaske, dass er mit dem Arzt die Entlassung besprechen möchte. Heute lebe ich mit dem Bewusstsein dass Simon nie wieder über Entlassungsgespräche nachdenken muss. Das tröstet. Wirklich.

Im Moment räume ich immer noch viel im Haus hin und her. Die meiste Deko aus dem Wohnzimmer musste weichen, die Lego Raumschiffe allerdings nicht. Vielleicht setzte ich mich die Tage mal ins Schlafzimmer und räume da etwas rum, der Raum sieht immer schlimmer aus. Ein Staubsauger würde ihm gut tun. mal sehen. Vielleicht bekomme ich das hin. Das Sofa ist mir im Moment noch lieber zum Schlafen.

In den Nächten verbringe ich viel Zeit am Computer und schreibe an dem, was mal ein Buch werden soll. Ich schreibe über einen Mann, der 2008 unter dem Pseudonym Small Crumb auf Brautschau gewesen ist. Ich schreibe davon wie aus einem Mann, der sich Krümel nannte und eigentlich nie Kinder haben wollte unser Held geworden ist. Ich schreibe auch darüber wie Kunibert bei uns eingezogen ist, was diese Krabbe mitsich brachte und uns vor ganz neue Aufgaben stellte. Ich werde auch über das Leben danach schreiben, über unser Jetzt. Keine Sorge,  das viele Eis mit bunten Streuseln wird nicht vergessen.

Simon ist in Sicherheit. Das was ich hätte ihm nie geben können hat er nun allein geschafft. Er sitzt dort oben, auf einer Zuckerwattewolke. Vermutlich wird es dort etwas windiger sein. Die Hitze, die zur Zeit über der Hauptstadt schwillt hätte er ganz sicher nicht gemocht. Seine wichtigsten Dinge liegen in der Erinnerungskapsel, die Urne mit dem Ginkoblatt. Zum Glück hat er Socken mitgenommen und sein Lieblingscappi. Ohne diese Dinge ging schon früher gar nichts.

Im April war ich in einer Beratungsstelle, da das Heldenhirn langsam anfing ein Eigenleben zu führen. Ich wollte wissen wie ich nun am besten mit Simon umgehen sollte, was war noch er, was war Kunibert. In diesem Kontext prophezeite mir die nette Dame dort, dass wir uns darauf einstellen sollten, dass unser soziales Umfeld möglicher weise bald ein Anderes sein wird, als das was wir kennen. Wir konnten uns damals noch gar nicht so recht vorstellen was damit gemeint war. Keine zwei Wochen später aber wussten wir es dann. Daher an dieser Stelle ein besonderes Danke an die Jenigen unter Euch die geblieben sind. es sind nicht viele, aber ihr wart bzw. seid unsere Felsen. Es gab Menschen, die wir immer seltener gesehen haben. Es gab Menschen, die uns nicht aushalten konnten bzw. immer noch nicht aushalten können.

Und es gibt Euch, die die da waren und es immer noch sind. Ihr, die ihr Euch nun mein gejammer anhört, unabhängig von der Uhrzeit. Ihr, die ihr uns damals wie völlig normale Menschen behandelt habt und nicht nur Kunibert gesehen habt. Ich brauche keine Handvoll um Euch zu zählen, aber ihr seid Schätze!

Es gab sie noch, Menschen die spontan vor der Tür standen um ihn zu einem Kaffee mitzunehmen, einfach so. Simon konnte durchatmen, über mich (durchaus berechtigter Weise) meckern und sah mal etwas anderes. Ich konnte ebenfalls durchatmen, da ich die Verantwortung für unseren Helden kurz abgeben konnte.

Nun ist es so wie es ist. Auch ich ärgere mich über Momente, in denen ich unfair gewesen bin. Momente, die ich hätte besser zu ihm sein können.

Die Kinder und ich ordnen unser Leben neu. Irgendwann, irgendwie wird es klappen. Bis es soweit ist, räume ich weiter in unserem Haus umher und versuche mein Dauerhaftes Globusgefühl im Hals zu bekämpfen.

Im September werden die Einhornbändigerin und ich auf einen Flohmarkt gehen, von dem Erlös wollen wir eine Kletterwand für den jetzt freien Keller besorgen. Ein Anti-Frust-Auspowerraum quasi. Falls ihr in der Nähe von uns wohnt, kommt gern vorbei und shoppt fleißig bei uns. Es ist fast wie Ballast abwerfen sich von vielen Dingen zu trennen. Von Simon habe ich bisher nichts weggeräumt. Von mir gibt es hier auch jede Menge. Ich hatte noch einige Star Wars Dinge in der Hinterhand, die ich ihm gelegentlich schenken wollte. Diese Dinge hat er nie gesehen, geschweige denn berührt. Daher dürfen auch sie weichen.

Vielleicht fahren wir diese Woche nochmal zum See. Die Eisdiele aber besuchen wir ganz bestimmt. Irgendwas was bei der Hitze gut tut.

 

Die Heldenkinder überlegen bereits was sie zu Papas Abschiedsparty tragen werden. Glitzer wollen Beide und irgendwas mit Star Wars, weil Simon sich darüber bestimmt freuen wird, wenn er durch die Lücken zwischen den Wolken durchsehen wird. Der kleine batmaman ist sich ganz sicher, dass unser Held zusehen wird, darum hat er sich ein Lied für die Beisetzung gewünscht dass er mitsingen kann. Ganz laut, ganz schrill…ganz der Papa eben.

 

Heute ist Dienstag. Heute ist der letzte Dienstag im Juli, der Monat in dem Kunibert verloren hat. F**k Of Kunibert. Morgen startet der erste Monat, indem alle Tage ohne Kunibert sein werden. Aber eben auch ohne Simon.

Mach Dir den August da oben schick mein Held, wir denken an Dich

#luftballonsfürsimon

 

 

 

 

 

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