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Schulfähigkeit; Rückstellung von der Schulpflicht

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Es ist kein Geheimnis mehr, dass der kleine Batman eigentlich seit diesem Jahr schulpflichtig ist. Praktisch ist er es auch, allerdings haben sich der Held und ich letztes Jahr dazu entschieden unseren Sohn ein Jahr zurückstellen zu lassen. Dafür gab es verschiedene Gründe. Zum einen wäre er dieses Jahr noch vor seinem 6. Geburtstag eingeschult worden. Der kleine Batman ist recht klein und sehr zierlich für sein Alter. Die Vorstellung, dass er schon bald einen Schulranzen tragen sollte, war nicht vorstellbar. Viel wichiger aber war uns die soziale Komponente und die Fähigkeit, sich konzentrieren zu können. Beides war lange Zeit recht schwierig.

Leo hatte lange Angst vor anderen Menschen, besonders Kindern. Er wollte nie woanders spielen. Versuchten wir es dennoch, mussten wir ihn nach kurzer Zeit wieder abholen. Der kleine Batman hatte Probleme, Gefühle, Mimiken und Gesten anderer einzuordnen. Dazu die Tatsache, dass der Miniheld erst mit knapp drei Jahren angefangen hat, sich verbal zu äußern und dies lange Zeit auch nur zu Hause. Außerhalb schwieg er. Die Einhornbändigerin war seine erste Gesprächspartnerin. Dann zog unser zweiter Hund bei uns ein, Toffee die Bulldogge. Dieser Hund war für Leo das Fenster zur Welt. Zusammen mit einer heilpädagogischen Therapie wurde Leo langsam mutiger

Inzwischen ist er ein tapferer kleiner Kerl. Er ist selbstbewusster, freut sich über Einladungen zu Kindergeburtstagen und redet den ganzen Tag. Zur Heilpädagogin geht unser Sohn nicht mehr, aber zur Logopädin. Leo hat sein ganz eigenes Tempo, aber es geht voran. Besonders in den letzten 10 Monaten machte er, trotz der Grundsituation, viele Fortschritte.

Leo ist nun ein stolzes Vorschulkind und freut sich auf die Schule nächstes Jahr. Auch wenn wir ihn haben ein Jahr zurückstellen lassen, ist das nicht gleich bedeutend mit „das Kind ist nicht clever genug“. Im Gegenteil. Aufgrund seiner Sprache und seiner Körpergrösse wird er oft unterschätzt. Bereiche, die ihn interessieren, darin ist er weltklasse. „Mama, kann es sein, dass wir da noch 8 Gurkenscheiben haben? Wir sind zu dritt, also bekommt jeder zwei, dann bleiben noch zwei übrig“, das sind Sätze, die ständig bei uns zu hören sind. Zählen und rechnen bis 30 ist kein Problem. Leo interessiert sich für Planeten, das Weltall, die Kontinente und wie die Menschen früher gelebt haben. Seine liebsten Bücher im Moment sind die, die ihm die Welt erklären. Ein Kinderatlas zum Beispiel. Er fragt oft, wo wir schon waren und wo er noch hin möchte. Da gibt es noch viel Potential, aufgrund von Kunibert war Urlaub, abgesehen vom letzten Sommer eher schwierig und nicht möglich.  So viel von der Welt hat er noch nicht gesehen.

Sein zweit liebstes Buch ist ein Weltraumbuch. Er kennt inzwischen fast alle Planeten. Seine Planetenlichterkette ist ein großer Schatz. Der kleine Batman experimentiert und erforscht gern. Wenn wir aufs Feld gehen, ist sein Abenteuergürtel samt Lupe und Taschenmesser immer mit dabei. Einen Topf müssen wir auch mitnehmen, damit die gesammelten Schätze erstmal gelagert werden können.

Er saugt alles auf wie ein Schwamm. Das war auch schon letztes Jahr so. Jetzt fängt er an, seinen Namen zu schreiben, das bis vor wenigen Tagen auch spiegelverkehrt. Er malt erst seit wenigen Monaten, dafür inzwischen aber sehr viel und erkennbar bzw. auch räumlich.

Der Schularzt sagt, dass Kinder zur Einschulung eine gewisse Frusrationstoleranz haben müssen, sich an Regeln halten sollten, im sozialen Miteinander agieren und für eigene Bedürfnisse einstehen können. Ein wenig Selbstorganisation und Empathie wäre auch von Vorteil. In der Schule werden plötzlich ganz andere Dinge von den Kindern erwartet, da ist kein Erzieher mehr, der auf alles achtet. Die Möglichkeit, sich sprachlich gut äußern zu können, eine gewisse Merkfähigkeit zu besitzen und Arbeitsanweisungen folgen zu können, gehören auch dazu.

Das alles war letztes Jahr noch recht schwierig. Aber so langsam geht es in die richtige Richtung. Ich halte übrigens nichts von Schwungübungen, Kindern vor der Schule Buchstaben und das Lesen beizubringen. Es sei denn, es kommt vom Kind selbst gesteuert. Ich bin Fachkraft für Integration, also Erzieherin für Kinder mit Handycaps. Im Zuge dessen habe ich in vielen Kitas deren „Vorschularbeit“ kennenlernen dürfen. Es gab Einrichtungen, da brachten die Vorschulkinder eigene Federmäppchen mit, die Erzieher/Innen lernten mit ihnen die Buchstaben des Alphabets, Zahlen schreiben und machten Schwungübungen. Die Kinder saßen an Tischen, manche erst vier oder knapp 5 Jahre alt.

Versteht mich nicht falsch. Schwungübungen können gut sein, aber nur dann, wenn die Kinder Lust dazu haben. Kann man machen, muss man aber nicht.

Also….Butter bei den Fischen. Leo macht keine Schwungübungen, er kann es nicht. Er will es nicht. Übe ich Druck aus, will er noch viel weniger. Natürlich geht es in der Schule nicht mehr um Lust, dort müssen die Kinder gewisse Dinge machen. Für mich machte es bei beiden Kindern aber wenig Sinn, ihnen die Lust aufs Lernen schon vor dem Schuleintritt zu nehmen. Wir haben beide Kinder vor der Einschulung einfach machen lassen und ihnen nichts, von uns gesteuert, beibringen wollen. Wir sind mitgefahren, wenn die Kinder Interesse gezeigt haben.

Emma wurde regulär eingeschult, in eine JÜL Klasse. Dort lernen Kinder von der ersten bis dritten Klasse zusammen. Das hatte den großen Vorteil, dass jedes Kind dort abgeholt wurde, wo es war. Die Starken halfen den Schwächeren. Vor Emmas Einschulung hatten wir bereits mit der Schule besprochen, dass unsere Tochter für die Drei Jül-Schuljahre insgesamt vier Jahre Zeit bekommt. Sie hat keine Klasse wiederholt, sondern nur mehr Zeit bekommen. Emma hat Epilepsie und wurde stark anfalllastig  eingeschult, eine Schulhelferin half ihr. Aufgrund der vielen Anfälle und der starken Medikamente brauchte auch Emma etwas mehr Zeit. Jetzt geht sie in eine reguläre vierte Klasse, ohne Schulhelfer. Alle bisherigen Noten bewegten sich zwischen 1-3.

Wir üben grade durchhalten, auch wenn es manchmal langweilig oder anstrengend ist. Wir spielen Spiele, von denen ich weiß, dass es nicht seine Favoriten sind. Aber wenn wir angefangen haben, dann spielen wir auch bis zum Ende. Aber wir spielen selbstverständlich auch Spiele, die mehr Spaß machen. Viele von denen verlangen Konzentration, eine gute Hand- Auge Koordination, Aufmerksamkeit und logisches Denkvermögen. Wenn die Heldenkinder sich streiten und es durch das ganze Haus schallt, reagiere ich oft erst recht spät. Nicht weil ich es nicht möchte, sondern weil ich der Überzeugung bin, dass sie manche Dinge auch ohne mich klären können. Und wenn das nicht klappt, haben sie inzwischen gelernt, sich Hilfe von mir zu holen, anstatt darauf zu warten, dass ich von allein komme.

Bügelperlen sind auch eine tolle Konzentrationsübung. Das hält der kleine Heldensohn inzwischen ganz prima durch.

Wenn Emma ihre Hausaufgaben macht, möchte Leo seit einiger Zeit auch „arbeiten“, seit dem er einen eigenen Schreibtisch hat, erst recht. Entweder bittet er mich, ihm Wörter vorzuschreiben, oder er nimmt sich ein Vorschulheft. Ich habe lange nach einem Heft gesucht, welches für mich und vor allem für Leo passt. Entschieden habe ich mich für dieses „Deutschheft“ und dieses „Matheheft“ 

Diese Hefte sind weniger bunt und die Kinder sind nicht bereits von den Bildern völlig überreizt.

Emma arbeitete in den ersten 3 Schuljahren mit den Nachfolgern in der Schule. Der kleine Batman nimmt sie sich meist dann, wenn er Emma bei den Hausaufgaben sieht. Meiner Hilfe, besonders im Deutschheft, bedarf es aber doch. Ein eigenes Federmäppchen hat er selbstverständlich auch, er meinte als Vorschulkind braucht er eins.

Leo wird auch in eine Jül-Klasse kommen, als Integrationskind. Ob ein Schulhelfer nötig sein wird, kann ich noch nicht sagen. Ich denke, dass er trotz der Umstände einen leichteren Einstieg als seine Schwester haben wird. Sein Interessengebiet erweitert sich momentan täglich und ich bin mir sicher, dass er die Schule schaffen wird, auch ohne Schwungübungen und ähnlichem.

Beide Heldenkinder wissen, dass ich keine Bestnoten erwarte. Aber ich erwarte, dass sie sich Mühe geben, sich konzentrieren und an sich selbst glauben. Zum Mühe geben gehört in Emmas Fall auch das Lernen am Nachmittag, zumindest wenn ein Test oder ähnliches ansteht. Bisher klappt unsere Denkweise hierbei sehr gut. Die Motivation zu lernen wuchs mit jeder guten Note, Emma merkt, dass es sich lohnt. Einmal verweigerte sie sich komplett, abgesehen von einem riesigen Schreidrama zu Hause lief der Test entsprechend. Als sie ihn mit nach Hause brachte, war es ihr unangenehm Ich sagte, dass es nicht so schlimm sei, ich aber wüsste, dass sie es besser kann.

Emma lernt am besten mit Kartei Karten, entweder selbst geschrieben oder vorgefertigt.

Ich unterstütze beide Kinder so gut ich kann, wenn auch in unterschiedliche Richtungen. Beide haben unterschiedliche Schwerpunkte. In Leos Fall ist es schon ein kleiner Sieg, wenn er sich allein in den Klassenraum traut und dort eine Unterrichtsstunde stillsitzen kann. Wenn er Freundschaften schließt und all das Neue, was auf ihn einrieseln wird, verarbeiten kann. Alles andere kommt auch irgendwann von ganz allein.

Ein kleiner Tipp am Rande für alle Eltern von Vorschülern: Lehrt Euern Kindern Achtsamkeit und Selbstorganisation. Ihr wollt nicht wissen, wie oft ich Füller, Bleistifte und Co nachkaufen musste, weil die alten nicht wieder mit nach Hause gekommen sind. Am nächsten Tag waren sie auf mysteriöse Weise verschwunden. Deckt Euch mit Radiergummis ein, die verschwinden als erstes und zwar zahlreich. Sagt Euern Kindern, dass eine Jacke im Winter von Vorteil ist, auch auf dem Schulhof.

Und vor allem…lasst sie los. In einer Standartkita mit Unterbesetzung sind mindestens zwei ErzieherInnen für 24 Kinder über 3 Jahren da. Das ist schon viel zu wenig, findet ihr auch, oder? Trotzdem werden weinende Kinder gesehen, Streitereien geschlichtet und es gibt immer mindestens ein Auge, das im Außenbereich der Kita auf Euer Kind gerichtet ist.

In der Schule…Auf dem Schulhof sind vielleicht 300 Schüler, manchmal auch mehr. Es gibt zwei bis drei Aufsichtspersonen. Eure Kinder werden also nicht ununterbrochen beaufsichtigt sein. Ein Bewusstsein über ihre eigenen Fähigkeiten, die Möglichkeit sich Hilfe zu holen, sind wichtige Handwerkszeuge. Traut Euern Vorschulkindern mehr zu, um es nicht in der ersten Klasse zu überfordern. Oft schaffen Kinder mehr, als wir ihnen zutrauen. Oft sind es wir, die Eltern, die Angst haben. Geht den Schulweg vorher zusammen ab, klärt wichtige Regeln. Traut ihnen etwas zu.

Letzte Woche waren der kleine Batman und ich zur Schulanmeldung unterwegs. Wir haben Emma getroffen, die sich in der Mittagspause mit ihren Freunden zusammengesetzt hatte. Ich wollte Leo davon abhalten, zu ihr zu laufen, da ich keine unangenehme Situation für die Einhornbändigerin herbeizaubern wollte.

Ich aber unterschätzte meine Tochter. Sie kam zu uns, nahm Leo an die Hand und zeigte ihm stolz die Schule. Zu ihren Freunden durfte er auch mitkommen, danach auf den Schulhof. Ich weiß gar nicht, wer von Beiden mich in diesem Moment mehr beeindruckt hatte. Emma, die sofort zu uns kam, liebevoll lächelnd ihren Bruder an die Hand genommen hat, um ihm alles zu zeigen. Oder Leo, der mutig zwischen den vielen Kindern durch den Essenssaal und über den Schulhof lief. Es war ein toller Moment, für uns alle.

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