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Wenn es dunkel wird

 

Ihr kennt das auch oder? Der Herbst kommt, draußen wird es ungemütlich und die Sonne geht schon am Nachmittag unter und irgendwie sinkt die Stimmung. So ist es zumindest bei mir im Moment.

Ich ertappe mich öfter dabei zu hinterfragen, wie ein Leben ohne Kunibert wohl aussehen würde. 

Wir wollten ursprünglich noch ein drittes Kind. Allein aus ethischen Gründen wäre es aber mehr als egoistisch bewusst ein Kind in die Welt zu setzen, welches langfristig ohne Papa aufwachsen wird. Dazu kommt, dass Revlimid (das Erhaltungsmedikament) ein kleiner Bruder von Kontagan ist. Was das mit ungeborenen Kindern macht, dürfte allgemein bekannt sein. Unser Held und ich wurden mehr als einmal darüber aufgeklärt. Gefühlt sind gerade alle um mich herrum schwanger, und das ihr Lieben trifft mich mit voller Breitseite, auch wenn ich mich wirklich für die Mamas freue. Ich merke auch, dass ich in letzter Zeit dazu tendiere egoistischer zu werden. Am liebsten hätte ich eine Auszeit. Eine Auszeit von Kunibert, von Medikamenten, vom Familienwahnsinn und auch unserem Helden. Meine Gedanken kreisen um Kunibert. Um die Dinge die er mit sich bringt. Ich lebe im Bewusst sein damit, dass ich irgendwann verwitwet sein werde, die Kinder ohne unseren Helden sind. Da gibt es kein eventuell sondern ein, es wird so kommen. Ich denke nicht immer daran, aber häufig. Als Angehörige darfst Du das nur nicht all zu häufig zeigen.

Ich versuche mich mit Sport von diesen Gedanken abzulenken. Ich versuche zu vergessen, wie ein Leben ohne Kunibert hätte sein können. Kunibert raubt uns ein Stück Kontrolle, ich mag so etwas nicht. Durch Sport erlange ich zumindest Kontrolle über mich zurück. Wenn schon einiges außer Kontrolle gerät, dann kontrolliere ich mich wenigstens selbst. Das ist etwas, was nur mir gehört, mir ganz allein. Abgesehen davon sind ein paar breite Schultern ganz gut, die können nämlich etwas mehr tragen.

Zuhause fallen Wörter wie Nebenwirkungen, Patientenverfassung und Erhaltung. Freunde und Familie fragen, verständlicher Weise immer danach wie es nun mit unserem Helden weitergeht. Was passiert wenn die Medikamente nicht mehr wirken? Wie Geht es dann weiter? Wann kommt die nächste Chemo? Und wie verträgt er das medikament zur Erhaltung? Wie schafft er die Arbeit? Die Fragen sind nachvollziehbar und wirklich völlig verständlich für mich, aber sie strengen mich im Moment enorm an.

Ich bin mir nicht sicher woher diese Tiefs hin und wieder kommen. Möglicherweise liegt es eben an diesem Wetter und auch am Schokoladenverzicht, wer weiß. Zum Glück ist immer Sonntags CHeatday J

Die Heldenkinder sollen so wenig wie möglich mitbekommen und dennoch frage ich mich ab wann der Zeitpunkt gekommen ist, ihnen etwas mehr zu sagen. Im Moment ist es noch nicht soweit. Aber Gedanken um dieses Gespräch mache ich mir jetzt schon.

Ich will mir über sowas keine Gedanken machen. Ich möchte stattdessen darüber nachdenken welche Kuchen ich morgen backe, welchen Hustensaft wir brauchen oder wann der Müll abgeholt wird. Ich will mir Gedanken um das Taschengeld der Kinder und um die passende Farbe im Wohnzimmer machen.

Ich bereue meine Entscheidung Pro Held, Pro Hochzeit und Pro Leben mit Kunibert nicht, aber ich vermisse dennoch mein altes. Es gibt Momente, da wirkt alles so unecht und ich hoffe, wenn ich Abends ins Bett gehe, dass ich am nächsten Morgen aus diesem Alptraum wieder aufgewacht bin.

Und dann gibt es die Tage, die fast so wie früher sind. So leicht und luftig. Kunibert gerät in den Hintergrund weil wir einfach nur wir sein können. Ich weiß, dass diese Tage wiederkommen werden, wünschte mir aber dass schon Heute einer von Ihnen wäre.

 

 

 

 

 

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