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Neue Liebe, neues Glück?

Ich verfolge im World Wide Web einige Blogs. Einige sind thematisch ganz wo anders anzusiedeln, andere ähneln thematisch irgendwie meinem. Das Erschreckendste ist dabei, dass ich von vielen Lieblingsmenschen gelesen habe, die letztes Jahr und auch bereits in diesem verstorben sind. Nicht jeder dieser Menschen hatte einen Kunibert.

Nun ist es so, dass manche von den Angehörigen, den zurückgebliebenen Partnern, eine neue Liebe gefunden haben. Sie führen eine neue Beziehung.

Als dies öffentlich wurde, gab es unterschiedliche Meinungen, die meinen Fremdschämpegel zum Teil ins unermessliche haben steigen lassen.

Es hagelte Vorwürfe, dass es für eine neue Beziehung viel zu früh sei. Dass der verstorbene Partner gar nicht richtig geliebt wurde. Dass man aus Anstand eine Mindestzeit einhalten sollte. Wenn die Zeit zwischen Tod und neuer Beziehung weniger als ein Jahr betrug, waren diese Stimmen besonders laut.

Ihr Lieben, was gibt uns das Recht, über so etwas zu urteilen? Ich verstehe das nicht. Es ist vollkommen irrelevant, ob ein neuer Lieblingsmensch in das Leben tritt. Es ist genau so egal, ob dies nach drei Monaten, nach 6 Monaten, nach zwei Jahren oder später geschieht. Es geht uns nichts an. Solange es jedem Beteiligten gut tut ist das doch alles okay. Wo ist das Problem?

Unser Held ist seit 6 Monaten nicht mehr bei uns. Für mich scheint eine neue Beziehung im Moment absurd. Ich kann es mir nicht vorstellen. Trotzdem ist es so, dass auch ich ein Mensch bin. Trotzdem ist es so, dass auch ich Umarmungen und zwischenmenschliche Nähe vermisse. Ich vermisse den Austausch mit einem anderen Erwachsenen, ich vermisse Händchen halten, gemeinsames Lachen und die Tatsache, mich nicht einsam zu fühlen.

Allerdings sage ich selbst hin und wieder Dinge zu mir, die Simon früher zu mir gesagt hat. Ich denke oft an seine letzten Worte und an Sätze, die er mir häufig ins Ohr geflüstert hat. Ich vermisse nicht irgendeine Umarmung, sondern seine.

Ich bin nicht bereit für etwas Neues und habe manchmal Bedenken, es nie zu sein. Aber wer weiß das schon. Es gibt Dinge, die man nicht planen kann und sollte.

Auch wenn ich mich nicht in der Lage fühle, jemand anderen in mein Herz zu lassen, verstehe ich, wenn es andere können. Auch schon kurze Zeit nach einem Verlust. Ob es ein „Lückenbüßer“ ist oder „echte Gefühle“ im Spiel sind, das interessiert mich nicht. Weil es nicht meine Angelegenheit ist. Weil ich es nicht wissen kann.

Es ist so leicht zu urteilen. Viel zu leicht. Und eigentlich ist es egal, was man macht, irgendwer wird immer etwas daran auszusetzen haben. Ich zum Beispiel hörte kürzlich den Satz: „Willst Du Dich nicht mal wieder auf dem Markt umsehen, Du bist doch noch jung, dann geht es Dir besser?“

Dieser Satz ist genauso unangemessen, wie darüber zu urteilen, ob jemand anderes bereits kurze Zeit später in einer neuen Beziehung ist.

Ich suche keinen Ersatz. Falls irgendwann einmal irgendwer in unser Leben kommen sollte, ist dies auch kein Ersatz. Es wäre eine Ergänzung.

Simon wird hier immer eine wichtige Rolle spielen. Im Moment würde ich jeden Mann mit ihm vergleichen. Vermutlich würde auch niemand in meinen Augen so grandios sein. Das wäre nicht fair, für niemanden.

Andere Hinterbliebene hingegen können das trennen. Sie vergleichen nicht sondern ergänzen. Das können Sie bereits nach kurzer Zeit. Das können sie, weil sie mutig genug sind, sich zu öffnen und sich einzulassen. Das können sie, weil sie sich neu verliebt haben und sich trauen, diese Gefühle zuzulassen. Das ist kein Grund, sie zu verurteilen. Vielmehr ist es ein Grund, stolz auf diese Hinterbliebenen zu sein. Weil sie weiter leben, mit allem was dazu gehört, ohne dabei zu vergessen. Das ist großartig und eine Leistung die seines Gleichen sucht.

Ich vermisse menschliche Wärme und das Gefühl, dass jemand da ist. Aber bereit für etwas Neues bin ich noch nicht.

Ich freue mich aber für all diejenigen, denen es anders ergeht. Sie sollten Zuspruch von uns bekommen und keine merkwürdigen Kommentare.

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