Wenn die Achterbahn während des Loopings stehen bleibt

Achterbahnfahren ist großartig, der Wind weht einem ins Gesicht, man ist ganz oben, fährt hinab und weiß aber, dass es gleich wieder hinauf gehen wird. Je besser die Technik auch wird, manchmal passiert es, dass die Bahn mitten im Looping stehen bleibt. Kopfüber hängt man dort, sieht die Dinge verdreht und es wird einem schwindelig.

Es gibt Tage, da wünsche ich mir ein Einhorn, nagut, die Fähigkeit mich auf der Stelle weg zu teleportieren würde auch ausreichen.

Kennt ihr das auch, ein Tag nimmt seine gewohnten Lauf bis Irgendjemand irgendetwas sagt und eure Stimmung Richtung Boden rutscht?

Heute erlebte ich einen dieser Tage.Einmal im Monat habe wir eine Art Generalversammlung auf der arbeit. Eine Teamsitzung in der wesentliche, organisatorische Dinge besprochen werden. Für gewöhnich zieht sich das alles immer ewig hin, da sich immer Jemand findet, der disskutieren muss.

Bevor die Besprechung richtig losging, erzählte Kollegin X, dass sie in den Osterferien in den Urlaub fliegt und im Sommer gleich nochmal, Darauf die Frage an uns Andere :Und wohin verreist ihr?“

Ich konnte nicht antworten, weil ich plötzlich den Drang verspürte, etwas von dem Kuchen zu essen, welcher auf dem Tisch gestanden hat. Mein Mund war also voll und ich hatte die perfekte Ausrede nicht antworten zu müssen.

In mir brodelte es, unser Urlaub fällt erneut aus. Wir reden nicht über die Größe des Pools, sondern hoffen dass es kein Vierbettzimmer in der Klinik wird. Wir planen auch kein Candle Light Dinner, sondern hoffen, dass das Essen überhaupt möglich ist. Wir reden auch nicht über wichtige Zeit als Paar, denn man ist ja nicht nur „Eltern“. Wir versuchen uns daran zu erinnern, was es überhaupt bedeutet ein Paar zu sein. Wie funktioniert das noch gleich, die Sache mit der Sicherheit und Wärme?amber-1840045_1280

Ich ertappe mich im neidisch sein. Ich konnte dem Rest der Sitzung kaum noch folgen und philosophierte über mein Leben. Ich hab keine Ahnung wann wir wieder in den Urlaub fahren und ob überhaupt. Krabbe Kunibert muss es uns erlauben und bezahlt werden will es auch.

Dieses „Paargeschichte“, ich hatte euch bereits erzählt, dass es bei uns hin und wieder schwierig ist. Die anstehende Hochdosischemo macht es nicht unbedingt besser.

Ich habe euch auch gesagt dass ich an den Spruch

„das Schicksal gibt die nur soviel, wie du in der Lage bist es zu verkraften.“

glaube. Aber hin und wieder habe ich das Gefühl, das Schicksal hat mich verwechselt. Ich habe das Gefühl zusammenzubrechen, nicht weil es Krabbe Kunibert gibt. Sondern weil dieses Tier uns soviel mitgebracht hat. Ich glaube manchmal dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Die Tatsache, dass die Medizin dem Helden irgendwann nicht mehr helfen kann ist beängstigend. Die Tatsache, dass sein Leben irgendwann von Schmerzen bestimmt sein wird ist furchteinflößend. Aber die Tatsache, dass uns die Begleiterscheinungen so sehr zu schaffen machen lässt in mir den Wunsch des Wegrennens nicht verblassen. Der Held hat sich verändert, er hat Angst und kämpft mit seiner momentanen Rolle des Hausmanns. Ich verstehe das, komme aber teilweise sehr schwer damit zu recht. Wir entfremden uns, ohne dass wir es wollen.

Mir macht die lange Abwesentheit des Helden Angst. Ich habe Angst davor, wie die Kinder reagieren.

Mich frustriert es, dass ich mein Leben abhängig von Krabbe Kunibert planen muss. Ich kann viele Pläne über Bord werfen und muss neue finden.

Es ist einfacher zu schreiben, dass wir immer an das gute glauben, dass wir zuversichtlich sind und unser Leben rocken.

Oft ist es auch so. Aber dann gibt es immer wieder diese Tage, die gut beginnen aber enden, wie der heutige. Ich bin frustriert weil mich schöne Dinge Anderer neidisch machen.

 

Ein Gedanke zu „Wenn die Achterbahn während des Loopings stehen bleibt

  1. Du, nicht das Schicksal und auch nicht Kunibert (jedenfalls nicht an erster Stelle), berührst mich sehr mit Deinen Worten.
    Ich hab keinen Rat oder Hinweis oder schlauen Spruch, aber Du kommst bei mir im Herzen an. Das tun nicht so ganz viele.
    Dafür: Danke und irgendwann setzt sich die Achterbahn auch wieder in Bewegung. Ganz sicher sogar.

    Gute Nacht
    Susanne

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