Die Sache mit der Zeit

Heute Morgen saß ich zusammen mit den Heldenkindern am Frühstückstisch. Während ich an meinem Kaffee nippte, sah ich dem kleinen Batman dabei zu , wie er sich bei der Bärchenwurst entschuldigte, dass er sie gleich essen würde. Und ich blickte zur Einhornbändigerin.

Sie braucht im Moment morgens länger im Bad als ich, die Haare müssen schließlich perfekt sitzen. Außerdem trug sie heute Morgen nicht nur eine kleine, zarte, silberne Kette, sondern auch rosa Lippen.

Nun saß ich da, starrte das große Mädchen vor mir an, wie sie mit ihren, mit Lippenstift bemalten Mund vor mir sitzt und ebenfalls ein Brot mit Bärchenwurst isst.P1100103

Wo ist bitte die Zeit hin?

Gefühlt war es gestern, als ich zusammen mit meiner Mutter das erste Mal ein Piercingstudio betreten habe. Ich war 16, hatte rote Haare, eine lustige Frisur und noch lustigere Klamotten an und ich war unheimlich stolz auf mein erstes Lippenpiercing.

Mit 18 folgte das erste Tatoo, mit 19 das Zweite. Ich hatte mein Abi bestanden und habe bis heute keine Ahnung, wie ich das gemacht habe. Zur letzten Abiklausur bin ich gegangen nachdem es zu spät gewesen ist nach der letzten Party noch nach Hause zu gehen.

Ich startete mein Politik und Judaiskstudium, lernte Hebräisch und einiges mehr. Ich wohnte in einer Studenten WG, der Kühlschrank lebte am Wochenende oft mehr als wir Bewohner.

Dann kam der Tag, an dem ich auf Grund einer gedachten Magen-Darmgrippe zum Arzt gegangen bin. Verlassen habe ich die Praxis mit dem Hinweis zum Frauenarzt meines Vertrauens zu gehen; herzlichen Glückwunsch, sie sind schwanger!shoes-505471_1280

Ich war 23, es zeichnete sich bald ab dass der Vater und ich getrennte Wege gehen werden. Ich zog in eine eigene Wohnung und wurde im April 2008 plötzlich Mutter der schönsten Tochter der Welt. Alles änderte sich, vor allem aber auch meine Einstellung zum Leben.

Ich lebte nun mehr denn je, sogar deutlich mehr als der Kühlschrank. Als die Einhornbändigerin 6 Monate alt gewesen ist, streckte sie ihre kleinen Ärmchen das erste Mal unserem Helden entgegen.

Im Juni 2012 zog Krabbe Kunibert bei uns ein, im September 2012 wurde die Einhornbändigerin zur besten großen Schwester.20130726_125857

Und nun sitze ich hier. Die Heldentochter hat sich noch vor einem Jahr mit ihrem Lippenstift dicke Herzen auf die Wangen gemalt und fand es total „schick“. Und nun sitzt sie zusammen mit ihrem Bruder und mit mir am Tisch; mit angemalten Lippen. Der Tisch an dem wir sitzen steht in einer Doppelhaushälfte zur Miete, am Stadtrand mit zwei Hundebetten und Fahrrädern vor der Tür.

Unser Leben ist im ständigen Wandel und ich frage mich wirklich immer öfter wo die Zeit geblieben ist. Die Kinder werden immer größer, ich habe manchmal das Gefühl dass ich ihnen beim wachsen zusehen kann. Krabbe Kunibert wächst ebenfalls, beim wachsen zusehen kann ich dem Krabbeltier zum Glück nicht. Nach dem Zeitpunkt der Erstdiagnose haben wir uns einiges vorgenommen aber nur wenig geschafft.

Das liegt hauptsächlich daran, dass wir uns dem Tempo der Zeit nicht bewusst gewesen sind. Wir haben irgendwann nicht mehr versucht mit ihr Schritt zu halten und dadurch bestimmt einige schöne Momente verpasst.

Krabbe Kunibert wird uns Zeit als Familie rauben. Trotzdem ist die Zeit nicht unser größter Gegner. Unser größter Gegner ist die Angst, die Zeit erneut wegrennen zu lassen. Morgen aufzuwachen, festzustellen dass ein Jahr vergangen ist und wir außer Pläne schmieden nichts getan haben.

Daher sind wir spontaner als sonst. Wir wollen das Erleben, was unsere Umstände zulassen. Ein Wenn und Aber akzeptieren wir nicht, wir improvisieren wenn etwas nicht möglich ist, aber aufgeben werden wir nicht. Daher heiraten wir und planen alles binnen von ca. 7 Wochen. Ich denke, dass unsere Idee der „Party“ eventuell auf entsetzte Gesichter treffen wird. Mehr dazu erzähl ich Euch die Tage. 🙂

Wir wollen leben, solange es geht, wir wollen nicht nur überleben. Wir wollen erleben und nicht feststellen, dass die Zeit nur an uns vorbei rennt. Darum werden wir nicht nur heiraten, wir werden feiern; uns feiern.20150403_180304

Wir werden so leben, wie uns der Sinn danach steht ungeachtet der Tatsache, was andere Menschen darüber denken.

Übrigens….ich habe noch vor kurzer Zeit gesagt, dass die Einhornbändigerin erst frühstens mit  16 geschminkt in die Schule darf. Heute Morgen aber ist sie stolz mit Rosa Lippen in die Schule gegangen…Solange sie sich trotzdem noch von jeder Pfütze eingeladen fühlt um in ihr zu springen, sie Mitleid mit kranken Tieren hat (sie bringt regelmäßig welche mit…auch schonmal eine tote Maus, die zum Tierrzt gebracht werden muss, da dieser „Elektroschocker“ hat um sie Wiederzubeleben…wir arbeiten noch daran…) und Lego Ninjago toll findet, ist sie trotzdem noch Kind genug.

Rennt nicht der Zeit hinterher sondern nutzt sie, rockt Euer Leben denn ihr habt nur eins. Niemand kann Euch sagen wann es enden wird. Nichts ist unendlich also legt los!

 

3 Gedanken zu „Die Sache mit der Zeit

  1. Schön hast du das geschrieben.Man erschrickt wenn sie ganz plötzlich groß sind und sie ihre eigenen Wege gehen.Mein Sohn hat heute seine erste schriftliche Prüfung geschrieben.Und das wo ich das Gefühl habe das noch vor kurzem Bob der Baumeister in war…
    Nehmt euch nicht mehr vor als ihr schaffen könnt.Genießt euch und eure gemeinsame Zeit.L.G.

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